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Thomas Borer 2001 in Berlin in der Schweizer Botschaft an seinem Schreibtisch sitzend.
Legende: Für drei Jahre war Thomas Borer – hier in einer Aufnahme aus 2001 – der Schweizer Botschafter in Deutschland. Keystone

International Borer zum Diplomaten-Eklat: «Das ist eine grobe Peinlichkeit»

Ausrutscher auf diplomatischem Parkett sind äusserst unangenehm. Doch wie damit umgehen? Mund abputzen und weitermachen? «Ganz sicher nicht», weiss Thomas Borer. SRF News Online sprach mit dem Ex-Botschafter über die Hintergründe des jüngsten Fauxpas' und mögliche Konsequenzen.

«<Fuck the EU> – das ist natürlich eine grobe Peinlichkeit und eigentlich auch unverzeihlich.» Thomas Borer nimmt gleich zu Beginn kein Blatt vor den Mund. Denn gerade US-Diplomaten sollte doch seiner Ansicht nach eigentlich besser als alle anderen wissen, dass Telefonate abgehört werden können.

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Die schwere verbale Entgleisung einer amerikanischen Top-Diplomatin droht die Beziehungen zwischen den USA und der EU weiter zu belasten. Ein Tonbandmitschnitt beweist den Ausrutscher. Was unter anderem die deutsche Kanzlerin dazu sagt, lesen Sie hier .

Doch nun ist das Kind in den Brunnen gefallen und die Worte gesagt. Was sollte ein Top-Diplomat jetzt tun? «Generell gibt es dafür keine Handlungsanleitung oder gar feste Weisungen», so der ehemalige Botschafter der Schweiz in Deutschland.

Aber natürlich müsse man sich bei den wichtigen Meinungsmachern auf der andern Seite entschuldigen, auch wenn man selbst sich wahrscheinlich am liebsten eingraben wolle. «Zudem würde ich in dem aktuellen Fall, wenn ich Vorgesetzter wäre, die Frau aus der Schusslinie nehmen und sie mit anderen Aufgaben betrauen.»

Der «Fall Jagmetti» und die Schweiz

Borer selbst blieb nach eigener Aussage von derlei Missgeschick während seiner Karriere verschont. Aber als Chef der Taskforce habe er 1997 miterleben müssen, wie eine wichtige Note des Schweizer Botschafters in den USA den Weg in die Medien fand.

Das Dokument enthielt Strategien zur Lösung des Streits um die nachrichtenlosen jüdischen Vermögen. Vor allem wegen des aggressiven Vokabulars wurde es dem Botschafter zum Verhängnis.

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Thomas Borer studierte Rechtswissenschaften und arbeitete seit 1987 für das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten. Er leitete bis 1999 die Taskforce Schweiz–Zweiter Weltkrieg. 1999 wurde Borer Schweizer Botschafter in Deutschland. 2002 schied er aus dem Staatsdienst aus. Seitdem ist er unter anderem als Unternehmensberater aktiv.

«Das führte damals in gewissen Kreisen zu einem Sturm der Entrüstung und letztlich musste der Botschafter dann seinen Rücktritt einreichen.» Das ganze ging später als der «Fall Jagmetti» in die Schweizer Geschichte ein.

Auswirkungen auf politischer Ebene werde der jüngste Vorfall aber nicht haben, ist sich Thomas Borer sicher. Gemessen an NSA-, Prism- und Snowden-Affäre sei der jüngste Eklat eine eher kleine Sache.

«Fussballregeln eignen sich nicht für Football»

Aber der Ton mache nun einmal die Musik und wenn das Telefonat eines gezeigt habe, dann wie gering die Wertschätzung der USA gegenüber der EU sei.

Zuweilen frage er sich deshalb, wie lange die EU noch in ihrer devoten Haltung gegenüber den USA verharren wolle.

«Wir Europäer spielen Fussball, die USA American Football. Wenn wir meinen, wir könnten unter Einhaltung der Fussballregel im American Football gewinnen, dann täuschen wir uns. Das gilt im Übrigen auch für die Schweiz», macht Borer seine Sicht der Dinge klar.

Mikrofonpannen und heimliche Mitschnitte

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