Party- statt Proteststimmung: Brasilien hat am Sonntagabend vor allem den dritten Titelgewinn in Folge beim Confederations Cup gefeiert. Vor dem massiv gesicherten Maracanã-Stadion in Rio demonstrierten nur einige Tausend Menschen friedlich gegen Korruption und Misswirtschaft.
In etwa 500 Meter Entfernung zum Stadion kam es an einer Strassenkreuzung zu Zusammenstössen zwischen Randalierern und Polizei. An einem ersten Protestzug hatten im Tagesverlauf etwa 5000 Menschen teilgenommen. Das waren deutlich weniger als vor rund 10 Tagen, als allein in Rio 300‘000 Menschen auf die Strasse gingen.
Am Sonntagabend kam es zu Zusammenstössen vor der Sperrzone des Stadions, als eine kleine Gruppe vermummter Randalierer versuchte, zum Maracanã vorzudringen. Dabei schleuderten die Demonstranten Steine und mindestens einen Molotowcocktail auf die Polizisten, die ihrerseits mit Tränengasgranaten reagierten.
Grösstes Sicherheitsaufgebot
Rund um das Stadion waren mehr als 10‘000 Sicherheitskräfte im Einsatz, darunter 6000 Beamte der militarisierten Polizei. Das war das grösste Sicherheitsaufgebot, das je in Brasilien anlässlich einer Sportveranstaltung aufgestellt wurde.
Doch die Proteste dürften auch nach dem Confederations Cup nicht abreissen, mutmasst SRF-Korrespondent Ulrich Achermann. Denn die Regierung hat bislang noch keine Änderungen in Aussicht gestellt. Die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff scheint ratlos. Sie hatte eine Volksabstimmung über politische Reformen vorgeschlagen – doch das ist für die Brasilianier eine zu akademische Lösung. Ihnen brennen praktische Probleme unter den Nägeln, wie Achermann zu bedenken gibt.
Präsidentin verliert an Gunst
Rousseff hatte ihre Teilnahme am Final-Spiel abgesagt. Der Siegerpokal wurde von Fifa-Chef Joseph Blatter und Sportminister Aldo Rebelo überreicht. Rousseff war bei der Eröffnungspartie des Confed Cups am 15. Juni massiv ausgepfiffen worden. Aufgrund der Proteste stürzten ihre Umfragewerte ab.
Nach dem Spiel gratulierte sie der Seleção. Dies sei ein «historischer Tag für den brasilianischen Fussball», betonte sie in einer schriftlichen Erklärung. Die Spieler hätten «Freude, Kreativität, Teamgeist und Einigkeit» gezeigt, alle Brasilianer erobert und der Welt ein grosses Spektakel geboten. Brasilien hatte den amtierenden Weltmeister Spanien in dem Finale mit 3:0 (2:0) geschlagen.