SRF News: Wie einschneidend sind die geplanten Schritte zur Gesundung des brasilianischen Staatsbudgets?
Tjerk Brühwiller: Es ist ein drastisches Sparprogramm. Kommen die Vorschläge alle durch, könnte Brasilien im kommenden Jahr sogar einen ausgeglichenen Haushalt präsentieren. Geplant sind vor allem Steuererhöhungen, aber auch Kürzungen bei den Ausgaben.
Noch vor wenigen Jahren galt Brasilien als aufstrebende Wirtschaftsmacht und Hoffnungsträger, inzwischen wurde die Kreditwürdigkeit des Landes auf Ramschniveau herabgestuft. Wie ging das so schnell?
Brasilien hat lange von hohen Rohstoffpreisen und vom Wirtschaftsboom in China profitiert. Zudem beruhte das Wirtschaftswachstum zu einem grossen Teil auf dem Konsum einer wachsenden Mittelschicht. Gleichzeitig verpasste es das Land aber, wichtige und nötige Reformen anzustossen, etwa im Renten- oder Steuerbereich. Auch die Staatsausgaben haben stark zugenommen. Hinzu kommt nun eine durch den Petrobras-Korruptionsskandal ausgelöste politische Krise. Inzwischen ist die Regierung von Präsidentin Dilma Roussef kaum noch regierungsfähig. Deshalb hat die Regierung das in sie gelegte Vertrauen verloren, auch jenes der Investoren.
Die Regierung hat ihren Rückhalt verloren.
Wird das Parlament den Sparplänen der Regierung zustimmen?
Das ist die grosse Frage. Die Regierung hat angesichts der politischen Krise im Zuge des Skandals um den staatlichen Ölkonzern Petrobras viel Rückhalt verloren – nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch im Parlament. Dort wechseln die Lager ständig, viele Parlamentarier spielen ihr eigenes Spiel oder sind selber in den Petrobras-Skandal verwickelt und stehen mit dem Rücken zur Wand. Sie versuchen in der jetzigen Situation, die Schwäche der Regierung zu ihren Gunsten zu nutzen.
Werden die von der Regierung angekündigten Budgetmassnahmen, falls sie im Parlament durchkommen, überhaupt etwas bringen?
Wohl schon. Die Regierung will sicher auch ein Signal an die Investoren senden. Brasilien ist in der schwierigen wirtschaftlichen Situation auf Investitionen angewiesen. Mit dem angekündigten Sparprogramm will man das Vertrauen nun zurückgewinnen.
Das Gespräch führte Lukas Mäder.