Üblicherweise hält sich das britische Oberhaus, das nicht demokratisch gewählte House of Lords, aus Finanzfragen heraus. Doch am Montagabend schlugen die Lords mit 289 zu 272 diese informelle Regel in den Wind, als es um die Beratung von Sparplänen der konservativen Regierung von Premierminister David Cameron ging.
Diese hatte im letzten Mai bei den Wahlen eine absolute Mehrheit gewonnen. Im Juli hatte die Regierung dann angekündigt, sie wolle die staatlichen Ausgleichszahlungen für Teilzeitbeschäftigte und Geringverdiener drastisch kürzen. Doch im Wahlkampf hatte Cameron genau das noch ausgeschlossen. Lord Dale Campbell-Savours von der oppositionellen Labour-Partei bezichtigte Cameron in der Debatte im Oberhaus der Lüge: «Er hat gelogen, um die Wahl zu gewinnen.»
Bis zu 2000 Franken weniger für Familien
Auch der Bischof von Southampton, von Amtes wegen Mitglied des Oberhauses, kritisierte die Sparpläne. Würden diese umgesetzt, verlören schätzungsweise drei Millionen britische Familien bis zu 2000 Franken im Jahr. «Diese Vorschläge sind moralisch nicht haltbar», sagte der Bischof.
Das Oberhaus entschied, dass die Ausgleichszahlungen noch nicht gekürzt werden. Nach diesem Entscheid muss die Regierung Übergangsregelungen zur Entschädigung der Betroffenen vorlegen. Earl Howe, ein Adliger aus der Dynastie der Curzons, warf der Labour-Partei vor, es gehe ihr nicht um eine Verzögerung, sondern um eine Vereitelung der Pläne. Einen Antrag, ganz auf die Kürzungen bei den Teilzeitbeschäftigten und Geringverdienern zu verzichten, lehnte das Oberhaus jedoch ab.