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International Burma: Demokratie am Gängelband der Militärs?

Der grosse Wahlsieg ist Tatsache. Heute erntet die Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi die Früchte ihres jahrzehntelangen Kampfs und zieht mit absoluter Mehrheit ins Parlament ein. Jetzt muss sie eine Regierung bilden. Allerdings gibt es einen Haken.

Nach mehr als 50 Jahren Militärdiktatur und militärnaher Regierung ist in Burma erstmals ein frei gewähltes Parlament zusammengetreten. Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi zieht an der Spitze der 255 Abgeordneten ihrer Nationalliga für Demokratie (NLD) in der Hauptstadt Naypyidaw in die Volksvertretung ein.

Viele Menschen haben ihr Leben für diesen Tag lassen müssen.
Autor: Ma Thandar NLD-Abgeordnete

Suu Kyi erscheint in einem leuchtend pinkfarbenen Outfit und sticht damit aus den überwiegend beige gekleideten Abgeordneten hervor. Ihre Partei hatte die Wahlen im November haushoch gewonnen und verfügt über eine absolute Mehrheit.

Das Leben von Aung San Suu Kyi in Bildern

Die Militärs sind allgegenwärtig

«Ich kann es kaum glauben, dass ich hier bin, aber ich bin auch traurig», sagte die NLD-Abgeordnete Ma Thandar der Zeitung «Irrawaddy». «Viele Menschen haben ihr Leben für diesen Tag lassen müssen.»

Das Militär hat Dissidenten rigoros verfolgt und jahrelang eingesperrt. Suu Kyi stand selbst fast 16 Jahre unter Hausarrest. – Der Wahlsieg ist vordergründig ein unbestrittener Erfolg der Pionierin. Laut SRF-Sonderkorrespondentin Barbara Lüthi erhält Suu Kyi aber auch ein sehr schwieriges Mandat.

Grösste Opposition ist das Militär, dem laut Verfassung 25 Prozent der Sitze zustehen. Keiner dieser «Volksvertreter» ist regulär gewählt worden. Weitere Erschwernisse setzen das politische Konstrukt dem Verdacht aus, eine Pseudodemokratie zu sein.

So ist eine Verfassungsänderung nur mit Zustimmung des Militärs möglich, wie Lüthi in der «Tagesschau» erläutert. Dem Militär unterstehen ferner alle bewaffneten Sicherheitskräfte, und es stellt sechs der elf Mitglieder des mächtigen Sicherheitskabinetts. «Überdies kontrolliert es drei Ministerien und grosse Teile der Wirtschaft», sagt Lüthi.

Suu Kyi selbst ritzt die Regeln

Die abgewählte Regierungspartei USDP stürzte von der absoluten Mehrheit auf gerade einmal sechs Prozent der Mandate ab. Das Parlament wählte zunächst den Parlamentspräsidenten, Win Myint von der NLD. «Wir haben zwar die Mehrheit, aber wir werden mit den anderen Abgeordneten zusammenarbeiten», sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

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Das Parlament bestimmt in den nächsten Wochen den Staatspräsidenten, der wie in den USA die Regierungsgeschäfte führt. Mit ihrer Mehrheit ist der NLD der Posten sicher. Suu Kyi kann selbst allerdings nicht Präsidentin werden. Das verbietet die Verfassung, weil ihre Söhne ausländische Pässe haben. Sie will eine Art Platzhalter als Präsidenten ernennen und selbst die Regierung führen, wie sie gesagt hat: «Ich stehe über dem Präsidenten.»

Wie viel Geduld das Volk für politisches Taktieren aufbringen kann, das ist allerdings fraglich. Die Wähler erwarten, dass die neue Regierung rasch ihr Versprechen auf politischen Wandel und Entwicklung einlöst. Vielen Abgeordneten fehlt aber die nötige politische Erfahrung.

Noch muss sich die Demokratie in Burma bewähren; bislang hatte sie einen schweren Stand: Es fanden 1990 zwar freie Wahlen statt, aber das Militär ignorierte das Ergebnis. Das Parlament trat nie zusammen. Davor wurde zuletzt 1960 gewählt.

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