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Platz Myanmars bei der UNO mit einem Schild. Jemand hält ein Ballt Papiert in der Hand.
Legende: Vor, während und nach den Wahlen: Das Militär ist und bleibt übermächtig im auch Myanmar genannten Land. Reuters

International Burmesische Minderheit hofft auf einen Wandel

Die Burmesen dürfen ihr Parlament wählen, das erste Mal seit 25 Jahren. Doch die Armee hat die Fäden noch immer in der Hand. Betroffen ist vor allem die Minderheit der Rohingya. Die muslimische Volksgruppe besitzt keine Staatsangehörigkeit und darf an den Wahlen gar nicht teilnehmen.

Karin Wenger

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Karin Wenger ist seit Frühling 2016 Südostasien-Korrespondentin von SRF in Bangkok. Sie berichtet über Indonesien, Malaysia, Philippinen, Thailand, Burma, Vietnam und weitere südostasiatische Länder. Wenger lebte zuvor sechs Jahre lang in der indischen Hauptstadt Neu Delhi. Früher berichtete sie als freie Journalistin aus dem Nahen Osten.

SRF News: Sie haben die Region besucht, wo die muslimische Minderheit der Rohingya hauptsächlich lebt. Wie ist deren Situation heute?

Karin Wenger: Absolut schockierend. Die Rohingya leben in einem Apartheidsystem. Sie dürfen ihre Dörfer ohne Bewilligung nicht verlassen. Die Situation hat sich seit den ethnischen Ausschreitungen vor drei Jahren massiv verschlechtert. Damals wurden ganze Rohingya-Dörfer abgebrannt. 200 Menschen kamen ums Leben. Danach wurden etwa 140'000 Angehörige dieser Minderheit in Camps gesperrt. Sie dürfen diese nicht verlassen. Sie haben aber auch keine Arbeit. Das hat dazu geführt, dass Tausende sich dazu entschieden haben, mit kleinen Fischerbooten nach Thailand oder Malaysia zu fliehen. Hunderte fielen in die Hände von Menschenhändlern.

Am Sonntag wählt Burma ein neues Parlament. Die Rohingya werden nicht als Staatsbürger anerkannt, dürfen also selber nicht wählen. In wen setzen sie ihre Hoffnungen?

Sie setzen sicher auf Aung San Suu Kyi und ihre Partei, die NLD. Sie setzen auf Wandel, weil sie sagen, die militärnahe Regierung von heute hat uns nur Schwierigkeiten bereitet. Wir brauchen die NLD. Man muss aber dazu sagen, dass sich Aung San Suu Kyi nie für die Rohingya-Minderheit und deren Rechte ausgesprochen hat. Die Rohingyas sagen aber, sie nehmen ihr das nicht übel. Sie müsse zuerst einmal an die Macht kommen. Dann könne sie etwas ändern. Aber wenn sich nichts ändert, bedeutet dies, dass die Leute weiterhin übers Meer fliehen und irgendwo im Ausland eine bessere Zukunft suchen.

Wie gross ist die Chance, dass Aung San Suu Kyis Partei diese Wahlen gewinnen wird?

Viele in Burma rechnen damit, dass Aung San Suu Kyis Partei die Wahlen gewinnen wird. Es gibt zwar keine verlässlichen Wahlprognosen. Aber bei den letzten Wahlen, an denen sie teilgenommen hat, hat sie haushoch gewonnen. Das könnte diesmal wieder der Fall sein. Das Problem ist, dass auch diesmal die Ausgangslage für die NLD und die militärnahe Regierungspartei USDP und das Militär ganz allgemein unterschiedlich ist. Der Armee sind bereits 25 Prozent aller Sitze im Parlament zugesichert. Und auch falls die NLD eine Mehrheit erzielt, kann Aung San Suu Kyi wegen eines Verfassungsartikels trotzdem nicht Präsidentin werden. Zudem bleibt die Armee die stärkste Institution im Land. Das heisst, selbst wenn Aung San Suu Kyi die Wahlen gewinnt, wird sie sich mit der Armee arrangieren müssen.

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Da stellt sich die Frage: Wie frei und fair werden diese Wahlen überhaupt durchgeführt?

Sicher sehr viel freier als die vergangenen Wahlen. Es sind Tausende internationale und nationale Wahlbeobachter vor Ort. Es gibt aber auch Kritik: Es wird geschätzt, dass rund zehn Prozent aller Burmesen von den Wahlen ausgeschlossen werden, weil beispielsweise ihre Namen nicht auf den Wählerlisten sind, oder weil es in ihren Gebieten überhaupt keine Wahllokale gibt. Dies, weil es dort immer noch ethnische Konflikte gibt und die Regierung keine Wahllokale einrichten liess. Man weiss auch, dass die Regierung zum Teil Geld verteilt hat. Aber trotzdem: Im Vergleich zu früher werden diese Wahlen sehr viel freier und fairer ablaufen.

Das Gespräch führte Brigitte Kramer.

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