Seebeben versetzt Chilenen in Angst
Als am Dienstagabend in Nordchile die Erde mit der Stärke 8,2 bebte, musste das Schlimmste befürchtet werden. Der Erdstoss war eines der stärksten Beben im Norden des Landes seit 1877. Die Behörden lösten für die gesamte chilenische Küste einen Tsunami-Alarm aus.
Das Epizentrum lag rund 100 Kilometer vor der Stadt Iquique in 38,9 Kilometern Tiefe im Meer. Iquique und Arica an der peruanischen Grenze wurden am stärksten getroffen. «Die Strassenlampen sind geplatzt, die Leute rannten in Panik», berichtete eine Augenzeugin aus Arica. Es kam zu Stromausfällen, die Telefonnetze waren überlastet und Flüge sowie Busverbindungen wurden vorübergehend eingestellt.
Grösste Welle 2,5 Meter
Knapp eine Million Bewohner des Küstenstreifens übernachteten im Freien oder in öffentlichen Gebäuden. Sie folgten diszipliniert der Anweisung, bei einer Tsunami-Gefahr auf eine Anhöhe zu flüchten, wie SRF-Korrespondent Ulrich Achermann aus Santiago de Chile berichtete.
Die grössten Tsunami-Wellen erreichten mit etwa 2,5 Metern Höhe den Hafen von Iquique. Mehr als hundert Fischer- und Tourismusboote wurden laut dem Fernsehsender TV Chile schwer beschädigt. In einem Frauengefängnis in Iquique nutzten 300 Gefangene das Chaos und flüchteten. Etwa 26 von ihnen wurden inzwischen wieder inhaftiert.
Mehrere Tote
Bei dem Beben kamen nach den neuesten Berichten sechs Menschen ums Leben. Bei den Todesopfern handle es sich um vier Männer und zwei Frauen, teilte Innenminister Rodrigo Peñalillo mit. Sie seien bei Einstürzen sowie durch Herzinfarkte gestorben. Das Beben löste auch Erdrutsche aus, zahlreiche Strassen waren blockiert.
Präsidentin Michelle Bachelet erklärte drei Regionen im Norden zum Katastrophengebiet. Das Militär solle den Betroffenen helfen, aber auch Plünderungen vermeiden, sagte sie in einer Fernsehansprache. «Es sind die notwendigen Massnahmen getroffen worden, um die Bürger und ihren Besitz zu schützen. Das Land hat die ersten Stunden dieses Notfalls gut gemeistert.» Am Mittwochmorgen flog sie in das betroffene Gebiet.
Über 60 Nachbeben erreichten eine Stärke von bis zu 6,0. Das Hauptbeben war bis in die fast 500 Kilometer entfernte bolivianische Hauptstadt La Paz zu spüren. Auch Hawaii, Peru und Ecuador warnten ihre Küstenbewohner vor einem Tsunami. Sogar Indonesien, das tausende Kilometer von Chile entfernt ist, rechnet für Donnerstag mit einem Tsunami von bis zu einem halben Meter.
Erdbeben werden erwartet
In Nordchile wird seit langem mit einem schweren Erdbeben gerechnet. Im Februar 2010 hatte sich in Südchile ein Erdbeben der Stärke 8,8 ereignet. Mehr als 200 Menschen kamen dabei ums Leben. Zudem wurden zahlreiche Häuser und Strassen zerstört.
Allein in den letzten zwei Wochen hatte es 400 mittlere bis starke Beben gegeben, sodass die Bevölkerung vorgewarnt war. Der chilenische Erdbebendienst warnte, in den kommenden Tagen könne es in der Gegend zu heftigen Nachbeben kommen. Auch ein noch stärkeres Erdbeben sei nicht auszuschliessen.
So hat das Erdbeben ein Minenarbeiter in der Nähe des Epizentrums erlebt und mit seinem Handy gefilmt: