Es ist einer der Höhepunkte an der gigantischen Militärparade von heute Morgen in Peking: ein Cabriolet der chinesischen Nobelmarke «Rote Fahne» rollt auf der Allee des «Langen Friedens» im Schritttempo an stramm stehenden Truppenformationen vorbei, darin steht Chinas starker Mann Xi Jinping in Uniformjacke.
Immer wieder ruft der Staatspräsident über vier auf das Vordach der Limousine montierte Mikrofone den Soldaten zu: «Genossen zum Gruss!» – diese brüllen im Chor zurück: «Zum Gruss, Oberster Befehlshaber!» Dann erneut Xi Jinping: «Euer Dienst ist hart!», worauf diese zurückbrüllen: «Wir dienen dem Volk!».
Die Ansprache, die Xi Jinping zum Gedenken an das Kriegsende vor 70 Jahren vom «Tor des Himmlischen Friedens» aus hielt, war in den Tagen vor der Parade in E-Mails und in SMS-Nachrichten übers Handy allen Medienvertretern, sogar den ausländischen, als «wichtig» ans Herz gelegt worden war.
«Chinesen lieben den Frieden»
Xi Jinping stellte kategorisch fest: «Wir Chinesen lieben den Frieden. Und wie sehr China auch noch weiter erstarken wird, es wird nie nach Hegemonie oder Eroberung neuer Gebiete streben.» Niemals werde China solches Leiden, wie es das Land selber erlebt habe, anderen Nationen aufzwingen.
Diesen Friedenswillen unterstrich Xi Jinping noch mit einem Versprechen: «Hiermit verkünde ich die Verkleinerung der Volksbefreiungsarmee um 300'000 Mann.»
Allerdings verschwieg Xi Jinping wohlweislich, dass Chinas Armee auch nach dieser Reduktion mit zwei Millionen immer noch eine der grössten Streitkräfte der Welt sein wird. Zudem zielt die Verkleinerung auf ein Abspecken der Truppen ab, die mit einer beschleunigten Modernisierung einhergehen soll: weniger Fusssoldaten, dafür mehr Hightech-Waffen.
Neue Antischiffsraketen – gegen die USA entwickelt?
Ohnehin sprechen Chinas Taten eine ganz andere Sprache als Xi Jinpings Lippenbekenntnisse. In den Grenzstreitigkeiten mit seinen Nachbarn in der südchinesischen See und mit den Japanern im Ostchinesischen Meer tritt China aggressiv auf, baut Korallenriffe zu Militärstützpunkten aus und verjagt Fischer aus anderen Ländern.
Zu diesem offensiven Auftreten passt auch, dass China bei der Parade in Peking erstmals eine Vielzahl neuer Waffensysteme präsentiert hat. Darunter eine Antischiffsrakete namens «Ostwind 21-D», die unter Rüstungsexperten als «Flugzeugträger-Killer» gilt. China hat diese offensichtlich entwickelt, um bei künftigen Konflikten in der Region das Eingreifen der USA mit seinen Flugzeugträger-Geschwadern zu verhindern. Von viel Friedensliebe zeugt das nicht.