Zum Inhalt springen
Porträt von Xi Jinping.
Legende: Hat gut lachen: Xi Jinping weiss um die wirtschaftliche Bedeutung seines Landes für die USA. Keystone / Archiv

International Chinas kluger Cyber-Schachzug

Nächste Woche erwartet Washington hohen Besuch aus China: Xi Jinping beehrt Barack Obama. Wegen Hackerangriffen aus dem Reich der Mitte ist die Stimmung zwischen den beiden Grossmächten allerdings angespannt. Xi kontert dies kurz vor dem Treffen mit einer geschickten Machtdemonstration.

Zwischen den beiden Grossmächten brodelt es: vor dem Gipfeltreffen in Washington herrscht zwischen den USA und China dicke Luft. Nun hat der chinesische Präsident Xi Jinping geschickt seine Machtfülle demonstriert.

Marktzugang für Cyber-Technologie

Xi legt auf dem Weg nach Washington einen Zwischenhalt ein: Er landet in Seattle an der US-Westküste. Dort veranstaltet er eine Technologiekonferenz. Die Chefs von Apple, Microsoft, Google und Cisco werden dorthin pilgern, Microsoft-Gründer Bill Gates lädt ihn zum Dinner in seine Villa ein.

Präsident Xi sendet damit ein deutliches Zeichen an Washington: Eure Wirtschaft hört auf mich.

Dieser Ansicht ist auch Herbert Lin, Cyberpolitik-Experte der Universität Stanford. «Xi Jinping unterstreicht damit, dass die US-Wirtschaft stark am Zugang zum chinesischen Markt interessiert ist, und dass er als Präsident diesen Zugang kontrolliert.»

Facebook, Youtube und Twitter sind in China verboten. Sie würden ihre Plattformen gerne dort aufschalten können. Als der chinesische Internetzar und Chefzensor Lu Wei letzten Dezember das Silicon Valley besuchte, wurde er von den Chefs der Techfirmen hofiert. Facebook-Chef Mark Zuckerberg legte sogar ein Buch mit Reden des chinesischen Präsidenten auf sein Pult und zeigte es dem Gesandten aus China.

Es ist eine interessante Frage, wie stark sie mit repressiven Regimen zusammenarbeiten wollen, um ihre Märkte auszuweiten
Autor: Herbert Lin Cyberpolitik-Experte, Universität Stanford

Andererseits reden Zuckerberg und weitere Silicon-Valley-Unternehmer stets davon, wie sie die Welt mit freiem Informationsfluss verbessern wollen. «Sie schreiben sich gerne diese Werte auf die Fahne, aber sie haben auch Aktionäre, die sie bedienen müssen. Es ist eine interessante Frage, wie stark sie mit repressiven Regimen zusammenarbeiten wollen, um ihre Märkte auszuweiten», sagt Herbert Lin.

Alle Informationsplattformen, die in China aktiv werden, akzeptieren gewisse chinesische Zensurvorgaben. Die Firma Linkedin zensuriert Inhalte auf Wunsch der Chinesen. Google geriet wegen Zensur und Hackerangriffen in Konflikt mit den chinesischen Behörden und ist seither blockiert worden.

Bald weiterer Besuch für Obama?

Nun möchte China einen Schritt weiter gehen und US-Firmen zu generellen Regeln verpflichten, die die Zensur und den Wissensdiebstahl erleichtern würden. Wie die «New York Times» berichtete, verlangen die Behörden in Peking, dass die Firmen chinesische Kundendaten in China aufbewahren. Und, dass die US-Unternehmen Drittparteien Zugang gewähren zu ihren Systemen – für sogenannte Sicherheitschecks.

Ein heikler Vorschlag für Standford-Forscher Lin: «US-Firmen sind hin- und hergerissen. Sie würden sehr gerne mit China geschäften, aber sie fürchten, dass ihr geistiges Eigentum gestohlen wird.»

Mit diesem Problem wenden sich die US-Konzerne an ihre eigene Regierung. Sie möchten, dass die USA Druck aufsetzen, um den chinesischen Wunsch nach Wissenstransfer zu bändigen. Gut möglich, dass die Tech-Firmenchefs, die den chinesischen Präsidenten in Seattle treffen, als nächstes nach Washington reisen.

Meistgelesene Artikel