Der kongolesische Kriegsfürst Thomas Lubanga wurde vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag im letzten Dezember zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt. Er hatte vor mehr als zehn Jahren Kinder rekrutiert und sie als Soldaten eingesetzt. Zusätzlich zur Haftstrafe verfügten die Richter kollektive Reparationszahlungen an Lubangas Opfer, die Kindersoldaten.
Ein Novum in der internationalen Strafjustiz. Aber auch eine äusserst knifflige Aufgabe. «Schliesslich kann man diesen Opfern nicht einfach Geld in die Hand drücken», sagt Pieter de Baan, Direktor des Opferfonds des ICC – das brächte die nun jungen Erwachsenen bloss in eine schwierige Situation und würde Neider auf den Plan rufen. Zudem könne der Eindruck entstehen, es sei lohnenswert, sich als Kindersoldat anheuern zu lassen, weil man dafür auch noch Geld bekomme.
Wiedergutmachung statt Direktzahlungen
Anstelle von Direktzahlungen hat de Baan mit seinem Team einen Wiedergutmachungsplan entwickelt. Mit verschiedenen Programmen soll jedes einzelne Opfer individuell psychologisch oder medizinisch betreut werden, wenn nötig alphabetisiert oder auf einen Beruf vorbereitet. Und die ehemaligen Kindersoldaten sollen Hilfe bekommen bei ihrer Re-Integration in die Gemeinschaft.
Um herauszufinden, wer für diese Programme überhaupt in Frage kommt, will de Baans Team zuerst ein Auswahlverfahren durchführen. Die lokalen Mitarbeiter des Opferfonds werden wie eine Karawane durch das betroffene Ituri-Gebiet in Ost-Kongo ziehen. In jedem Dorf machen sie Halt und erklären der Bevölkerung ihr Anliegen.
«Ganz wichtig ist dabei, dass mein Team jeweils einen sicheren Ort schafft, wo die Opfer sich melden können», sagt de Baan. Ohne dass die ganze Dorfgemeinschaft das mitbekomme. Die ehemaligen Kindersoldaten seien auch zehn Jahre nach ihrer Befreiung noch immer traumatisiert, man müsse sehr behutsam mit ihnen umgehen.
Zahl der Opfer lässt sich schwer beziffern
Wieviele Kinder der Warlord Lubanga rekrutiert hat, weiss niemand genau. Um dies herauszufinden, haben ICC-Mitarbeiter in diesem Sommer erste Befragungen durchgeführt. Zugleich wurden die kongolesischen Behörden kontaktiert, um von ihnen zu erfahren, wie viele Kindersoldaten das staatliche Demobilisierungs-Programm absolviert haben. So kam der Fonds auf eine mögliche Anzahl Opfer: 3000.
«Diese Zahl haben wir im Rapport an die Richter genannt», erklärt de Baan. Es könnten am Schluss aber auch doppelt soviel sein. Das müsse abgewartet werden. Warten müssen vorerst auch die Opfer. Bis klar ist, wann wieviel Geld in ihre Region fliessen wird, dürfte noch mindestens ein Jahr vergehen.