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International Das sagt die Welt zur Trump-Wahl

Schock, Horror-Szenario, Unsicherheit – die weltweiten Reaktionen auf den Wahlsieg des Republikaners Trump sind eher negativ. Ausnahme: Russland. Einschätzungen unserer Korrespondenten weltweit.

Die Einschätzungen im Video

Sebastian Ramspeck, Brüssel (EU-Korrespondent)

Für die allermeisten Politiker in der Europäischen Union von ganz weit links bis ziemlich weit rechts ist das heute ein Schock, Donald Trump war ja hier in Brüssel ganz offen als Horror-Szenario bezeichnet worden, und dieses Horror-Szenario ist nun unverhofft zur Realität geworden. (...)

Für die EU und für die Nato, die beide ihren Hauptsitz hier in Brüssel haben, ist das eine grosse Herausforderung, vielleicht die grösste ihrer Geschichte. Das gilt für beide grossen Politikfelder, für die Wirtschaft, für die Sicherheit. Trump glaubt nicht an den Freihandel, das geplante EU-USA-Freihandelsabkommen TTIP, das ist heute Nacht endgültig gestorben. Trump hält vor allem die Nato, dieses transatlantische Sicherheits-Bollwerk, für überflüssig, da würden die Amerikaner immer nur bezahlen und nichts bekommen.

Peter Voegeli, Berlin (Deutschland-Korrespondent)

In Deutschland ist die Abneigung gegen Donald Trump hoch. Rund 80 % der Bevölkerung war für Hillary Clinton und genauso viele machen sich Sorgen nach der Wahl von Trump. Das zeigt sich auch in der Politik. Bundespräsident Gauck äusserte sich besorgt und Aussenminister Steinmeier (SPD) nannte Trump einen «Hassprediger». Er vermied nach der Wahl, Trump zu gratulieren und gab ihm etwas von oben herab den Rat, «Gräben zuzuschütten». Wörtlich sagte er: «Ich glaube, wir müssen uns darauf einstellen, dass amerikanische Aussenpolitik für uns in der nächsten Zeit weniger vorhersehbar sein wird, und wir müssen uns darauf einstellen, dass Amerika geneigt sein wird, häufiger allein zu entscheiden. Nichts wird einfacher, vieles wird schwieriger.»

Bundeskanzlerin Merkel ist anders gestrickt. Sie gratulierte dem Gewinner. Sie verpackte ihre Kritik diplomatisch. Was Deutschland und die USA verbänden, seien Demokratie, Freiheit, der Respekt vor dem Recht und der Würde des Menschen, unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht, Religion, sexueller Orientierung oder politischer Einstellung. «Auf der Basis dieser Werte biete ich dem künftigen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Donald Trump, eine enge Zusammenarbeit an», sagte Merkel in einer ersten Reaktion.

Christoph Franzen, Moskau (Russland-Korrespondent)

Das offizielle Russland nimmt den Sieg von Donald Trump zumindest nach aussen wohl- und hoffnungsvoll auf. In einem Telegramm an Trump gratulierte ihm der russische Präsident Wladimir Putin und drückte seine Hoffnung aus, dass man zusammenarbeiten werde, um die amerikanisch-russischen Beziehungen aus der Krise zu führen. Wenn der Kreml aber von mehr Zusammenarbeit spricht, dann meint er in erster Linie, dass sich die USA an die Positionen der Russen annähern müssten. Will heissen: ein Syrien weiterhin mit einem Präsidenten Assad oder eine Ukraine, die sich nicht einseitig den westlichen Institutionen wie der EU oder der NATO annähert, sondern im Einflussbereich des Kreml bleibt.

Ideal wäre für Wladimir Putin ein Donald Trump, der sein Augenmerk vor allem auf innenpolitische Fragen wirft und den Russen in ihren Interessensgebieten freie Hand lässt. Allerdings gibt es auch in Russland mehr Fragen als Hoffnungen zu Donald Trump. Auch hier gilt der Mann vielen als unberechenbar.

Martin Aldrovandi, Shanghai (China-Korrespondent)

Die chinesische Regierung hat die Wahl Trumps recht neutral kommentiert. Man hoffe, dass die neue US-Regierung die guten und stabilen Beziehungen zu China ausbauen werde, hiess es heute. Die staatlichen Medien waren expliziter: Eine Parteizeitung schrieb heute, Trump habe keinerlei Erfahrungen in der Aussenpolitik. Er werde sich wohl vor allem auf die Handelspolitik konzentrieren, für China könnte es künftig schwieriger werden. Eine andere Zeitung äusserte die Hoffnung, dass der US-Kongress den künftigen Präsidenten davon abhalten werde, einen Handelskrieg mit China vom Zaun zu brechen.

Ganz generell kann man sagen: Trump ist hier in China nicht beliebt. Das hängt mit seinen Äusserungen im Wahlkampf zusammen. Trump hatte zwar nicht über Menschenrechte gesprochen, dafür lautstark über die Handelspolitik. Er hat den Chinesen «Vergewaltigung» vorgeworfen, ihnen vorgeworfen, Amerikanern die Jobs wegzunehmen. Daher besteht zumindest die Gefahr, dass es für China im Handel mit den USA künftig schwieriger wird.Für China bedeutet Donald Trump vor allem Unsicherheit, man weiss nicht, wie er konkret regieren wird.

Pascal Weber, Kairo (Nahost-Korrespondent)

Das Staunen im Nahen Osten ist genauso gross, wie in der restlichen Welt.

Erwartet wird hier nicht viel. Donald Trump hat tiefe Skepsis gegen jegliche Interventionen, er hat zu Syrien ja mal gesagt, es habe nichts gebracht, die syrische Opposition zu unterstützen, es sei schlimmer als zuvor.

Es gibt auch grosse Angst: Dass Donald Trump das Feld gänzlich den Russen überlässt. Der Krieg wird nicht enden, wenn Syriens Präsident Assad mit der Unterstützung der Russen immer weiter macht. Er wird nicht aufgeben, und mit Assad wird es keinen Frieden geben. Es braucht Amerika, das Druck aufbaut, damit es zu einer politischen Lösung kommt.

Cristina Karrer, Johannesburg (Afrika-Korrespondentin)

Der südafrikanische Präsident Jacob Zuma hat Donald Trump bereits gratuliert und freut sich auf eine gute Zusammenarbeit. Die Wahl von Trump hatte vor allem Auswirkungen auf die südafrikanische Währung: Der Rand, der an den US-Dollar gebunden ist, ist kurzzeitig eingebrochen. So richtig geschockt sind die Südafrikaner jedoch nicht. Sie sind zu sehr mit ihrem eigenen Chaos beschäftigt: Die Studentenunruhen und der Korruptionsbericht über ihren Präsidenten Jacob Zuma beschäftigen das Volk weit mehr als die Tatsache, dass nun ein Trump in Amerika regiert. Denn an solche Regenten wie ihn hat man sich in Afrika längst gewöhnt, sie sind nicht wirklich etwas Neues. Zudem hat der Einfluss der USA auf Afrika ingesamt stetig abgenommen – Afrika schaut Richtung Osten, nach China, und nicht mehr wie früher gegen Westen.

Wie sich die Wahl von Trump auf die Bekämpfung des Terrorismus – Boko Haram in Nigeria, Al-Shabaab in Somalia und Kenia – auswirken wird, ist eine andere Frage. Da die Amerikaner für ihre Holzhammer-Methoden bekannt sind, ist zu befürchten, dass Donald Trump noch gröberes Geschütz auffahren wird.

Sendebezug: laufende Berichterstattung zu den US-Wahlen

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