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Flugpassagiere stehen an, um ihre Koffer aufzugeben.
Legende: Hinterlassen künftig mehr Spuren: Passagiere bei der Gepäckaufgabe an einem Flughafen. Reuters/Archiv

International «Der Bürger gibt Daten preis, um seine Sicherheit zu erhöhen»

Nur eine Minderheit im EU-Parlament hat sich gegen das Sammeln von Flugpassagierdaten ausgesprochen. Sie fand, Sicherheit werde dadurch höher gewichtet als der Datenschutz der Bürger. Der ehemalige Europol-Direktor Max-Peter Ratzel sieht das anders.

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SRF News: Wird da nicht Privatsphäre zu Gunsten einer allfälligen Sicherheit im Flugzeug geopfert?

Max-Peter Ratzel: Nein, das sehe ich etwas anders. Der Bürger hat verschiedene Güter, die man ihm gewähren muss, darunter Sicherheit und Freiheit. Letzteres beinhaltet auch die Möglichkeit, sich frei bewegen zu können. Das wiederum erfordert, dass Sicherheit gewährleistet wird. In der heutigen Zeit ist das nur möglich, wenn ich auch personenbezogene Daten speichere.

Diese darf ich dann allerdings nur zweckgebunden verwenden. Das heisst, um die Sicherheit des Bürgers zu erhöhen.

Aufnahme des ehemaligen Europol-Direktors Max-Peter Ratzel.
Legende: Ex-Europol-Direktor Max-Peter Ratzel in einer Aufnahme aus dem Jahr 2008. Keystone

Genau. In dieser Balance zwischen Freiheit und Sicherheit befinden sich der Bürger, der Polizeibeamte und der Staat. Der Bürger muss wissen, dass er diese Daten preisgibt, um seine Sicherheit zu erhöhen und um ihm grösstmögliche Freiheit zu gewährleisten.

Welche Daten werden konkret gesammelt?

Das sind beispielsweise Namen, Vornamen, Geburtsdaten und Adressen der Flugreisenden. Aber es werden auch das Datum und der Ort, an dem die Reise gebucht wurde, Zahlungsmodalitäten und das Konto, von dem das Geld abgebucht wurde, gespeichert. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass all diese Daten entscheidend sind, um im Vorfeld von Anschlägen Reiseauffälligkeiten festzustellen oder um nach einem Anschlag herauszufinden, wer alles mit dem Täter zusammenhängt.

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass diese Daten entscheidend sind, um im Vorfeld von Anschlägen Reiseauffälligkeiten festzustellen.

Wie sieht eine solche Auffälligkeit konkret aus?

Das kann zum Beispiel ein Flugpassagier sein, der an einem ungewöhnlichen Ort einen ungewöhnlichen Flug bucht und hierfür eine ungewöhnliche Zahlungsart wählt. Ich denke an eine Flugreise mit absurden Umwegen, die in keinerlei Hinsicht gerechtfertigt sind.

Manchmal ist es um Kosten zu sparen aber durchaus sinnvoll, Umwege zu machen.

Ja, das stimmt. Unsinnig sind Umwege dann, wenn dadurch die Kosten steigen. Dann muss man sich das genauer anschauen. Vielleicht gibt es eine geschäftliche Notwendigkeit für den Umweg. In diesem Fall wäre es wohl eine Firma, die den Flug gebucht hat. Handelt es sich um eine Privatperson, die den Flug auch noch bar bezahlt hat, müssen die Alarmglocken läuten und weitere Abklärungen getroffen werden.

Die EU-Mitgliedstaaten können die Daten nicht einfach einsammeln und einsehen.

Wenn alle EU-Mitglieder solche Daten sammeln, kommt eine riesige Datenmenge zusammen. Wie gross ist der Aufwand, diese Daten wirklich sinnvoll auszuwerten?

Die grosse Menge an Daten muss nicht zwingend an einer Stelle zusammenkommen. Das derzeitige Verfahren sieht zudem nicht vor, dass alle Daten automatisch mit allen geteilt werden. Das heisst, die EU-Mitgliedstaaten können die Daten nicht einfach einsammeln und einsehen.

Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.

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