Die Auflösung des Flüchtlingslagers im nordfranzösischen Calais hat begonnen. Vor einem Registrierzentrum in der Nähe des «Dschungels» warteten am Montagmorgen mehrere hundert Migranten.
Laut einem Sprecher der Präfektur Pas-de-Calais sollen die Flüchtlinge dort ab acht Uhr befragt werden, bevor sie auf ganz Frankreich verteilt werden. Ein Asylverfahren findet dort nicht statt. Den Menschen sollen zwei Regionen vorgegeben werden, zwischen denen sie wählen können. Ausgenommen sind Paris und Korsika.
Unterteilung in Gruppen
Vor ihrer Umplatzierung sollen die Flüchtlinge unterteilt werden in Familien, Erwachsene, unbegleitete Minderjährige und verletzliche Individuen, darunter ältere Menschen und allein angekommene Frauen. Über das Schicksal von 1300 unbegleiteten Kindern wird laut dem französischen Innenministerium immer noch verhandelt.
Abgeschlossen werde die Räumung heute nicht, erklärt Frankreich-Korrespondent Charles Liebherr. Ziel der Behörden sei es, dass die Verteilung der Flüchtlinge ruhig verlaufe. Und nach seinen Beobachtungen sei dies auch der Wunsch der meisten Migranten.
Grund für den Zeitpunkt der Räumung sei nicht nur die Grösse des Lagers, sondern auch der kommende Winter: «Dieser droht das ganze Gelände zu einer grossen Schlamm-Wüste zu machen, wo die hygienischen Bedingungen es nicht mehr erlauben, Menschen dort in einigermassen würdigen Verhältnissen unterzubringen.»
Paris setzt auf Freiwilligkeit
Man setze darauf, dass sich die Menschen freiwillig melden, sagte Pierre-Henri Brandet, Sprecher des Pariser Innenministeriums. «Keiner wird gezwungen, sich in einen Bus zu setzen.» Seit langem arbeiteten die Behörden allerdings mit Hilfsorganisationen zusammen, um die Menschen davon zu überzeugen, das Lager zu verlassen.
Manche Bewohner wollen allerdings in Calais bleiben. Sie fürchten, dass sie dann keine Chance mehr auf die Weiterreise nach Grossbritannien haben. Einige Migranten haben bereits vor der Räumung das Lager verlassen und eine andere Unterkunft im Norden Frankreichs gesucht, so Flüchtlingsorganisationen. Sie wollen weiterhin versuchen, mit Bussen, Lastwagen oder Schleppern über den Ärmelkanal zu kommen.
In der Nacht hatte es erneut gewaltsame Zusammenstösse zwischen Flüchtlingen und der Polizei gegeben. Polizisten feuerten an einer Umgehungsstrasse des Hafens und im Lager Trängengasgranaten ab. Dort standen sie Dutzenden Steine werfenden Flüchtlingen gegenüber.
Schliessung des Lagers soll etwa eine Woche dauern
Im Camp hatten zuletzt etwa 6500 Menschen in Zelten und Hütten gelebt. Sie wollten von dort illegal nach Grossbritannien gelangen. Die Schliessung des Lagers soll etwa eine Woche dauern. Fast 200 minderjährige Flüchtlinge waren noch vor dessen Räumung nach Grossbritannien gebracht worden.
Calais wird geräumt
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Bild 1 von 8. Bereits vor der Schliessung des Flüchtlingslagers wurden rund 200 Minderjährige nach Grossbritannien gebracht (Bild: 18. Oktober). Bildquelle: Reuters.
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Bild 2 von 8. Mit Bussen werden die Flüchtlinge auf verschiedene Auffangzentren in Frankreich verteilt, wo sie Asyl beantragen können. Bildquelle: Reuters.
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Bild 3 von 8. So endet der Traum von Grosbritannien: Mit der Umplatzierung der Flüchtlinge haben diese keine Möglichkeit mehr, Asyl in England zu beantragen – stattdessen müssen sie dies in Frankreich tun. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 8. Die Flüchtlinge wurden aufgerufen, ihre Sachen zu packen und sich in den frühen Morgenstunden an einem Sammelpunkt zu treffen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 8. Zeichen der Dankbarkeit: Viele Migranten sind froh, ein festes Dach über dem Kopf und ein warmes Bett in Frankreich zu erhalten. Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 8. Die Räumung des «Dschungels» verlief bis Montagnachmittag friedlich und ruhig. Dennoch ist die Polizei mit Grossaufgebot vor Ort. Bildquelle: Reuters.
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Bild 7 von 8. In der Nacht gab es Auseinandersetzungen zwischen Flüchtlingen und der französischen Polizei. Einige der Migranten wollen Calais nicht verlassen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 8 von 8. Über 6000 Bewohner sind von der Räumung in Calais betroffen. Bildquelle: Reuters.