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International Der Streit um Helmut Kohls Archiv

Wem gehören die Notizen und Erinnerungen eines wichtigen Staatmannes? Der Öffentlichkeit? Diese Frage beschäftigt Deutschlands Politik, Gerichte und Medien. Es geht um 400 Akten, 105 lange Interviews und Unterlagen von Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl.

Eigentlich wollte Helmut Kohl das alles offenlegen. Kurz nach dem Ende seiner Kanzlerschaft liess er seine Unterlagen, sein Handarchiv, abtransportieren. Er schickte das ganze Material der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung. Die bewahrte das auf und sollte es Historikern zugänglich machen.

«Kanzler der Wende»

Für Historiker ist das Material interessant. Schliesslich geht es nicht nur um den Mann Helmut Kohl, sondern um Aufschluss über eine historisch hochinteressante Zeit um die Wende. Als im Ostblock Risse entstanden, als in einem enorm komplexen, heiklen und auch gefährlichen Prozess eine neue Weltordnung entstand. Kohl spielte dabei eine zentrale Rolle.

Der «Kanzler der Wende» wollte sicherstellen, dass seine historische Rolle in Erinnerung bleibt. Das galt umso mehr, nachdem Kohl von seiner eigenen Partei kaltgestellt worden war. Nachdem sein eigener politischer Zögling – Angela Merkel – ihn aus seinem Amt als Parteivorsitzender hinausgewuchtet hatte.

Kohl war wegen seiner Rolle in einem Spendenskandal zur Belastung für die Partei geworden.

Maike Kohl, die treibende Kraft

2010 änderte das alles. Kohl verlangte erfolgreich das ganze Material wieder zurück. Er brauche die Unterlagen, um den letzten Teil seiner Memoiren schreiben zu können. Nur ist er dazu kaum mehr in der Lage. Bei einem Sturz hatte er sich schwer verletzt. Seither ist der Altkanzler stark behindert. Kaum mehr fähig, für sich selber zu sorgen. Das tut jetzt seine zweite Frau, Maike Kohl-Richter. Und die tut das gründlich.

Sie sorgt sich um seine Angelegenheiten. Sie regelt den Zugang zu ihm. Selbst seine Söhne klagen, Maike Kohl verwehre ihnen den Kontakt mit ihrem Vater. Sie regelt die Dinge auch gründlicher als das seinen besten Freunden lieb ist. Die wünschen sich, dass das ganze Archiv jetzt wieder zurückgehe an die Adenauer-Stiftung. Frau und Herr Kohl sagen nein. Zwingen kann man sie nicht – im Gegenteil.

Eine eigene Stiftung?

Sie erzwangen selber noch mehr: Heribert Schwan, ein früherer Radiojournalist, der mit Kohl 105 Gespräche geführt hat, wurde gerichtlich gezwungen auch dieses Material an die Kohls herauszugeben. Auch diese Bänder liegen jetzt im Keller von Kohls Haus in Oggersheim.

Die Frage was sie mit dem ganzen Material vorhabe, beantwortet Maike Kohl-Richter nicht. Sie denke über eine eigene Stiftung nach, hört man. In dieser Stiftung wolle sie die Kontrolle behalten, wer Zugang wozu bekomme.

Kein Einzelfall

Eine Nation schüttelt den Kopf. Sie macht sich Gedanken darüber, was eigentlich Ehefrauen von historisch wichtigen Personen für Rechte haben dürfen. Und vor allem: Wo die Grenzen liegen. Die Frage ist nicht neu.

Schon die letzte Frau von Willy Brandt hatte eine ähnliche Rolle gespielt. Auch sie hat Brandts Verhältnis zu seinen Freunden und seiner Partei kurz vor und nach seinem Tod belastet, wie viele meinen. Auch Bettina, der früheren Frau des gescheiterten Bundespräsidenten Wulff, wirft man heute vor, eine ungebührlich anmassende Rolle gespielt zu haben.

Nur lässt sich halt die Partnerinnen-Wahl von alternden Politikern ziemlich schlecht gesetzlich regeln.

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