Das Ganze begann als Wahlkampf-Trick im Frühling letzten Jahres. Die bayrische CSU suchte nach einem Thema, das bei den Wählern sicher zieht. Probleme beim Autofahren ziehen immer. Ärger über Nachbarländer, in denen man Autobahngebühren zahlen muss, während die Ausländer in Deutschland gratis fahren, noch mehr. Fertig war das Thema: die Forderung nach einer Autobahngebühr für Ausländer.
Die Einwände lagen vom ersten Tag an auf der Hand: Erstens ist das gemessen an den gesellschaftlichen Problemen, die sich heute stellen, vergleichsweise irrelevant. Und zweitens verstösst eine solche Forderung gegen EU-Recht, welches die Diskriminierung von Ausländern verbietet. In Frankreich, Italien oder auch der Schweiz zahlen alle. Nicht nur die Ausländer. Aber das Thema zog, wie Wählerbefragungen zeigten. Es war ein wichtiger Faktor bei den hervorragenden Wahlergebnissen der CSU.
Erster Kunstgriff: Rückzahlung an die Deutschen
Nach der Wahl dann die Frage: Was soll man mit diesem schwer erfüllbaren Versprechen tun? CSU-Chef Horst Seehofer schickte seine rechte Hand, Generalsekretär Alexander Dobrindt, als Verkehrsminister nach Berlin. Der hatte den ganzen Wahlkampf erfolgreich gemanagt, der sollte auch das richten.
Nur hörte der sehr bald aus Brüssel: Geht nicht! Auf keinen Fall. Worauf Dobrindt zu einem Kunstgriff ansetzte. Er schlug vor, diese Gebühr auch bei Deutschen zu erheben, womit das Ganze EU-kompatibel wäre, nur um dann den Deutschen das bezahlte Geld über einen Abzug bei der Motorfahrzeugsteuer wieder zurückzuzahlen. Womit allerdings die Diskriminierung wieder hergestellt und viel Geld nutzlos hin und her geschoben würde.
Zweiter Kunstgriff: Alle Strassen kosten
Hinz kommt, dass diese Rückzahlung administrativ sehr kompliziert wird. Dobrindt riskierte, einen grossen Teil der Einnahmen von Ausländern mit der Verwaltung der Rückzahlung an die Deutschen wieder zu verlieren.
Deshalb der zweite Kunstgriff: Dobrindt schlug diesen Sommer vor, die Gebühr nicht nur für die Benutzung von Autobahnen, sondern für alle Strassen zu erheben. Das hätte die Einnahmen verdoppelt. Nicht nur Ausländer auf dem Autobahn-Transit hätten dann gezahlt, sondern etwa auch ausländische Kunden, die nur rasch über die Grenze zum Einkaufen fahren. Die deutschen Grenzgebiete fürchteten hohe Einnahmeverluste. Und protestierten laut und unaufhörlich.
Jetzt also das Schlussergebnis: Ausländer zahlen jetzt doch nur für die Benutzung von Autobahnen, die Deutschen aber für alle Strassen, weil sonst die Abrechnung über die Rückzahlung zu kompliziert würde. Es gibt Deutsche, die Autobahn fahren und solche die das nicht tun. Das hätte in jedem Fall einzeln festgestellt werden müssen.
Resultat: Diskriminierendes Bürokratie-Monster
Jetzt hat man eine Ausländer-Gebühr, die scheinbar auch für Deutsche gilt. Aber nicht wirklich. Man zieht Geld ein nur um es wieder zurückzugeben. Es ist also eine Gebühr, die deswegen grossen administrativen Aufwand verursacht, die – wegen der Reduktion auf Autobahnen – nur noch die Hälfte einbringt und die bei der EU weiter auf Widerstand stossen dürfte.
Aber Dobrindts Wahlkampf-Versprechen ist eingelöst. Koste es was es wolle. Er selber rechnet zwar nach Abzug der Verwaltungskosten mit 500 Millionen Einnahmen von den Ausländern. Aber das nimmt ihm mittlerweile kaum mehr einer ab.