Bei einem Angriff der nigerianischen Islamistentruppe Boko Haram sind im Nachbarland Niger mindestens 38 Zivilisten getötet worden. Es handelt sich um den schwersten Angriff auf Zivilisten in Niger, seitdem sich das Land Anfang Februar dem Kampf gegen Boko Haram angeschlossen hat.
Bei lebendigem Leib verbrannt
Laut dem Innenminister Nigers griffen die Terroristen zwei Dörfer in der Region Diffa nahe der Grenze zu Nigeria an. Unter den Todesopfern seien 14 Männer, 14 Frauen und 10 Kinder. Aus Sicherheitskreisen verlautete, die Angreifer seien mit Autos und Motorrädern vorgefahren und hätten auf die Dorfbewohner geschossen. Anschliessend hätten sie die überwiegend mit Stroh bedeckten Häuser in Brand gesetzt, in denen viele Menschen Schutz suchten.
Erst am Montag hatten in der Hauptstadt von Tschad, N'Djamena, vier Selbstmordattentäter Anschläge verübt. Sie rissen mindestens 33 Menschen mit in den Tod. Auch hier machte die Regierung die islamistische Terrorgruppe Boko Haram für die Bluttat verantwortlich.
Boko Haram rächt sich an Tschad und Niger
Seit Monaten kämpfen die Streitkräfte Tschads, Nigers und Kameruns in der Grenzregion gegen Boko Haram. «Das sind Vergeltungsschläge gegen diese Allianz», sagt SRF-Afrikakorrespondent Patrik Wülser. Die Armeen der drei Länder hätten Erfolge im Kampf gegen Boko Haram erzielt und die Extremisten aus einigen Regionen verdrängt. Auch seien mehrere hundert von Boko Haram entführte Frauen und Mädchen befreit worden. Deshalb räche sich die Terrormiliz nun mit Anschlägen gegen Zivilisten der beteiligten Länder.
Die angegriffenen Länder würden sich die Übergriffe durch Boko Haram aber nicht bieten lassen. So habe etwa der Aussenminister von Tschad Vergeltungsschläge gegen die Dschihadisten angekündigt. «Es sollen sogar Luftangriffe geflogen worden sein», weiss Wülser zu berichten. Trotzdem: Am Schluss leide die Zivilbevölkerung unter den asymmetrischen kriegerischen Auseinandersetzungen.
Asymmetrischer Krieg
Immerhin habe Boko Haram durch das vereinte Eingreifen Nigers, Tschads und Kameruns in den Busch zurückgedrängt werden können. Etwas, das der nigerianischen Armee in den vergangenen fünf Jahren nicht gelungen sei, so der Korrespondent. Allerdings sei Boko Haram ein diffuser Gegner, der seinen Kampf auch mit Anschlägen auf zivile, ungeschützte Ziele führe. Deshalb: «Auch für eine starke Allianz ist es schwierig, Boko Haram zu bekämpfen.»
Unklar ist, ob die Angriffe auf sogenannt weiche Ziele ein Indiz dafür ist, dass die Terrorgruppe zunehmend unter Druck gerät. «Manche sagen, das sei ein Zeichen der Schwäche, andere sagen, es sei eben gerade ein Zeichen der Stärke Boko Harams, dass sie trotz der Zurückdrängung Angriffe führen kann», sagt Wülser. So bestehe auch die Befürchtung, Boko Haram könnte nun die ganze Region in bürgerkriegsähnliche Zustände stürzen. Ähnlich, wie das die Terroristen der Al-Shabaab-Miliz in Ostafrika versuchten.