Die Copa America in Chile ist im Halbfinal angekommen. Der Ball rollt – obschon die korrupten Praktiken rund um dieses Turnier im Mittelpunkt der Ermittlungen gegen die Fifa und ihre Spitzenvertreter stehen.
Aber der Eindruck von Normalität täuscht. Ob und wie das Preisgeld von zehn Millionen Dollar an die vier besten Mannschaften ausbezahlt wird, ist eine Woche vor dem Finale völlig offen.
Wenn man der US-Justiz glaubt, so ist die Copa America vor allem ein Fest für die korruptesten aller Fussballfunktionäre. Einzelne südamerikanische Verbands- und Fifa-Vertreter hätten über die letzten15 Jahre hinweg rund 350 Millionen Dollar an Schmiergeldern in die eigenen Taschen gesteckt, heisst es in der Anklageschrift der New Yorker Staatsanwaltschaft.
Ermittlungen holen das Turnier ein
Die chilenischen Organisatoren des diesjährigen Turniers hatten also ein grosses Interesse, den Negativschlagzeilen ein perfektes Turnier entgegenzusetzen.
Die Ermittlung der New Yorker Staatsanwälte haben das Turnier aber schneller eingeholt als gedacht. Denn eine Begleiterscheinung des Verfahrens in den USA ist, dass der Halterin der TV-Übertragungsrechte der laufenden Copa America die Bankkonten blockiert worden sind. Es handelt sich um eine Firma in Uruguay, die 80 Millionen Dollar dafür geboten hat.
Preisgeld aus den eigenen Reserven?
Das blockierte Konto bringt nun die ganze Buchhaltung rund um das Turnier in Schwierigkeiten. Der südamerikanische Regionalverband hatte vor, Kosten wie Unterbringung und Reisen der Nationalmannschaften aus dem Verkauf der Fernsehrechte zu bestreiten – genauso wie das Preisgeld von zehn Millionen Dollar, das an die vier bestplatzierten Mannschaften verteilt wird.
Daraus wird vorerst nichts. Lässt sich keine andere Lösung finden, so müsste der Südamerika-Verband Conmebol das Preisgeld aus eigenen Reserven bestreiten – stünde dann allerdings völlig blank da.
Conmebol klopft beim chilenischen Staat an
Daher klopften Funktionäre des Regionalverbandes auch bei der Regierung Chiles an; in der Hoffnung, die würde das Geld vorschiessen. Aber am Regierungssitze in Santiago de Chile gibt es nichts zu holen. Anders als zur Zeit der Pinochet-Diktatur, als zwischen dem chilenischen und dem regionalen Fussballverband und dem Militär-Regime enge Banden bestanden, ist die Stimmung zwischen Politik und Fussball heute frostig.
Auch die Hauptsponsoren wollen nicht aus der Klemme helfen. Eine koreanische Automarke lehnt es ab, Sponsorengelder direkt dem Regionalverband statt dem Halter der Fernsehkonzession zu überweisen. Gut möglich, dass es gar keine schnelle Lösung gibt, dass noch viel Zeit verstreicht, bis man mit den finanziellen Verpflichtungen im Reinen ist. Was zu einer Copa America führen würde, bei der unfreiwillig für einmal das Sportliche und nicht das Finanzielle im Vordergrund stünde.