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International «Die grösste Gefahr im Internet sind ganz gewöhnliche Leute»

Wie auf einer Autobahn ohne Tempolimit und ohne Ortsbeschilderungen: so seien wir heute im Internet unterwegs. Das sagt Sébastien Fanti, Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter des Kantons Wallis. Ohne Grenzen und Kontrolle passiere im Internet das Schlimmste.

Es ist eine Welt, wo man noch keine Grenzen hat: so, wie wenn Sie mit Ihrem Auto auf der Autobahn sind und es gibt keine Geschwindigkeitsbegrenzung. Sie wissen nicht, wohin Sie fahren, und niemand kontrolliert, was Sie machen.
Autor: Sébastien Fanti Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter des Kantons Wallis

Das sagt Sébastien Fanti (44), Anwalt mit Spezialgebiet Recht und neue Technologien, und Datenschutz- sowie Öffentlichkeitsbeauftragter des Kantons Wallis im «Tagesgespräch» von Radio SRF.

Ins Radiostudio kommt er mit einem Roboter, den er sich kürzlich per Post aus Frankreich hat zustellen lassen. Er will ihn in Schulen einsetzen, unter anderem auch, um Kinder besser über das Internet und Social Media aufzuklären, über Chancen und Gefahren.

«Einige Leute benutzen Social Media, um andere zu töten.»

Fanti ist heute Referent am Forum «Social Media und Innere Sicherheit», das vom Verband Schweizerischer Polizeibeamter in Bern durchgeführt wird. Beim Stichwort Innere Sicherheit denken die meisten wohl zuerst an Terrorismus. Die grösste Gefahr im Internet seien aber die Taten ganz gewöhnlicher Leute.

«Einige Leute benutzen Social Media, um andere zu töten.» Töten versteht Fanti auch im übertragenen Sinne als Rufmord, Verleumdung und unter falscher Identität falsche Informationen verbreiten und damit Leben zu zerstören. Opfer kämen in der Schweiz nicht einmal zu ihrem Recht. Denn Verleumdung sei zwar strafbar, nicht aber die Benutzung einer anderen Identität. Eine Änderung des Gesetzes halte der Bundesrat nicht für nötig.

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Nahaufnahme von Fanti.
Legende: zvg

Sébastien Fanti ist Anwalt, Experte für Recht und neue Technologien, und seit Juni 2014 Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter des Kanton Wallis. Der 44-Jährige ist ein Computerfreak der ersten Stunde.

Auch «Sextortion», d.h. die Erpressung durch Fotos und Videos mit pornografischen Inhalten, sei ein grosses Problem: alleine im Wallis gab es so viele Fälle, dass der Datenschutzbeauftragte eine Hotline eingerichtet hat. Er fordert heute einen nationalen Notruf. Und auf globaler Ebene stellt er fest, dass es keine einheitlichen Regeln gibt.

«Wenn wir mit einer so grossen Gefahr konfrontiert sind, müssen die Länder normalerweise eine Konvention aushandeln. Beim Internet gibt es nichts: es gelten in jedem Land andere Regeln. Man hätte Regeln setzen müssen, aber niemand hat genug Kraft, um minimale Standards durchzusetzen.»

Gegen die totale Freiheit im Netz

Wer für die totale Freiheit im Internet eintritt, wird mit solchen Aussagen Mühe haben. Fanti vertritt sie trotzdem dezidiert. Und kritisiert auch die Politik. Die meisten Politiker hätten keine Ahnung von den Gefahren im Internet . Das Wissen der Meisten hinke weit hinter der Realität her. Kaum habe man eine Gefahr erkannt, sei es bereits wieder zu spät.

Fanti, selber vierfache Vater, fordert auch eindringlich, Kinder bereits früh über Internet und Social Media aufzuklären. Am besten gleich selbst, oder dann mit einem Roboter, wie er selber einen dazu einsetzt.

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