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Papst-Skultpur aus Sand am Copacabana-Strand.
Legende: Der Papst am Weltjugendtag in Rio de Janeiro. Eine Skulptur an der Copacabana lässt keine Zweifel. Keystone

International «Die Jungen wollen ihren Guru sehen»

Papst Franziskus wird am Weltjugendtag ein weiteres Zeichen gegen katholischen Egozentrismus setzen und die Zuwendung zu den Armen predigen. Dies sagt der Tübinger Theologe Hermann Häring. Brasiliens Jugend erwarte wohl vor allem einen Event mit einem strahlenden Papst und nicht so sehr Inhalte.

Papst Franziskus besucht die Stadt am Zuckerhut zu einer Zeit, wo in Brasilien evangelikale Freikirchen stark auf dem Vormarsch sind. Nicht mit Säkularisierung und Religionskritik nach europäischem Muster also sei Rom für einmal konfrontiert, sondern mit charismatischen Bewegungen protestantischer Prägung, stellt der der Tübinger Theologie Hermann Häring gegenüber SRF fest.

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Brasilien sei zwar fraglos weiterhin ein durch und durch katholisches Land mit tief verwurzeltem Volksglauben. Für Katholiken in Lateinamerika sei es aber sehr ungewohnt, nicht mehr so einfach das Sagen zu haben.

Welche Antworten?

Franziskus habe inzwischen einen sehr starken befreiungstheologischen Ansatz und sehe das Hauptproblem der Kirche nicht in irgendwelchen einzuschärfenden Glaubenswahrheiten, erklärt Häring weiter. So spreche der Pontifex von der Theologie des Volkes und plädiere für eine Kirche, die sich stark den Armen zuwendet. Dies werde zusammen mit dem Kontakt zur Jugend eine wichtige Botschaft für Brasilien und Lateinamerika werden.

Häring erinnert zugleich an die nicht vollständig geklärte Rolle der katholischen Kirche während der Diktaturen in Lateinamerika. Dieses Problem habe sich mit dem Papst mit argentinischen Wurzeln personalisiert. Noch immer sei umstritten, wie nahe er damals dem Videla-Regime gestanden habe.

Gemeinschaftserlebnis mit im Zentrum

Brasiliens Jugend aber wird vor allem einen strahlenden Auftritt ihres «Gurus» erwarten, wie der Tübinger Theologe sich ausdrückt. Auch frühere Weltjugendtage hätten gezeigt, dass Inhalte auffälligerweise immer eine kleinere Rolle spielten.

Häring nennt als Beispiel den Besuch des früheren Papstes Benedikt XVI. in Köln: Dort jubelten über eine Million Jugendliche, als der Papst dazu aufrief, Gott in der weissen Hostie anzubeten. Dies, obwohl es vielen Jugendlichen nichts mehr sage. Ebenso habe es Begeisterungstürme für die Äusserungen des Papstes zur guten, keuschen Moral gegeben. «Das Gemeinschaftserlebnis mit Millionen, das durchaus auch religiös untermauert ist, steht im Vordergrund», folgert Häring.

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