Zum Inhalt springen
Drei Männer freuen sich
Legende: Freude in der Steiermark: (von links) Mario Eustacchio, Gerhard Kurzmann und Mario Kunasek von der FPÖ. Drei Männer der sozialen Investition

International «Die österreichische Regierung wird Konsequenzen ziehen müssen»

In zwei Bundesländern in Österreich gewinnt die rechtspopulistische Freiheitliche Partei Österreichs wieder viele Sitze. Das liege am schlechten Krisenmanagement der Regierung, sagt die Chefredaktorin des «Standards».

SRF News: Haben Sie diese grosse Verschiebung der Wähleranteile erwartet?

Andrea Föderl-Schmid: Der Vormarsch der Freiheitlichen in diesem Ausmass ist überraschend. Es waren 1,2 Millionen Menschen von acht Millionen wahlberechtigt. Zwar waren im Vorfeld Verluste für die regierenden Sozialdemokraten und die konservative ÖVP erwartet worden, aber das Ausmass hat keine Umfrage vorausgesehen. In der Steiermark hat sich der Stimmenanteil der FPÖ fast verdreifacht, im Burgenland fast verdoppelt.

Was sind die Gründe für den Vormarsch der Freiheitlichen?

Es waren vor allem diffuse Gründe, die bei Ausländerthemen zu suchen sind. In Österreich gibt es, wie in vielen anderen europäischen Staaten, einen massiven Anstieg von Asylbewerbern. Auf Bundesebene ist das Krisenmanagement der Regierung sehr schlecht. Es wird versucht, mehr und mehr Flüchtlinge in den Bundesländern unterzubringen. Mit diesem Chaos hat man den Rechtspopulisten Wähler zugetrieben. Die FPÖ hat keinen sachpolitischen Wahlkampf geführt, sondern nur auf die diffusen Ängste der Menschen gesetzt.

Die FPÖ hat keinen sachpolitischen Wahlkampf geführt, sondern nur auf die diffusen Ängste der Menschen gesetzt.
Autor: Andrea Föderl-Schmid Chefredaktorin «Der Standard»

War es in erster Linie eine Protestwahl, weil die Menschen mit der Regierung unzufrieden waren?

Andrea Föderl-Schmid

Box aufklappen Box zuklappen

Die Chefredaktorin der österreichischen Zeitung «Der Standard» hat Journalismus studiert. Beim «Standard» war sie zuerst Korrespondentin in Deutschland, dann in Brüssel. 2006 wurde sie Redaktionsleiterin des Wirtschaftsressorts. Seit 2007 ist sie Chefredaktorin des Blatts.

In Österreich ist es fast immer so: Wenn aus Protest gewählt wird, geht es Richtung Freiheitliche. Sie turnen sich wieder auf alte Höhen hinauf. Allerdings erreichten sie früher noch höhere Resultate, auch auf Bundesebene. Die SPÖ und die ÖVP hatten dieser prononcierten Anti-Ausländerkampagne wenig entgegenzusetzen. Zudem steigt die Arbeitslosigkeit auch in Österreich, die Konjunktur springt nicht wirklich an. Alle diese Motive liegen ausserhalb der Kompetenz der Bundesländer. Aber die Wählerinnen und Wähler wollten ganz klar ein Zeichen des Protestes setzen.

Zum Beispiel im Burgenland. Dort hat die SPÖ mit strammem Rechtskurs versucht, Gegensteuer zu geben. Es ist nicht gelungen. Warum nicht?

Im Burgenland ist die Wahl nicht ganz so schlecht ausgefallen wie in der Steiermark. Nun könnte man sagen, mit diesem strammen Rechtskurs wurde versucht, Schlimmeres zu verhindern. Doch es ist nun mal so, dass die Volksparteien kein Konzept gegen den Rechtspopulismus haben. Das gab es alles schon mal unter Jörg Haider. Nun erleben wir dieses Phänomen wieder. In der Steiermark haben wir gesehen, dass die Sozialdemokraten und die konservative ÖVP, die zusammen regieren, und die Freiheitlichen fast gleich viele Stimmen erhielten.

Die Sozialdemokraten haben unter ihrem Parteichef Faymann eine Wahl nach der anderen verloren.
Autor: Andrea Föderl-Schmid Chefredaktorin «Der Standard»

Mehr zum Thema:

Was heisst das für die Bundespolitik, wenn man drei fast gleich grosse Parteien hat? Und für Kanzler Werner Faymann von der SPÖ?

Man muss die nächsten zwei Wahlen abwarten. Im September wird in Oberösterreich gewählt. Wichtig sind auch die Wahlen im Oktober in Wien. Dort ist klar, dass die Sozialdemokraten, die im Moment mit den Grünen in Wien regieren, Verluste einfahren werden. Aber die Frage ist, ob die FPÖ über die 30-Prozent-Hürde kommt. Diese Hürde haben sie sich selbst gesetzt. Die Sozialdemokraten haben unter ihrem Parteichef Faymann eine Wahl nach der anderen verloren. Faymann ist auch noch Kanzler. In Österreich wird schon darum gewettet, wie lange er sich halten kann. Was die Bundespolitik in den nächsten Monaten daraus macht, wird man sehen. Vielleicht ändert sie ihren Ausländerkurs und fordert strengere Regeln ein. Irgendwelche Konsequenzen wird sie ziehen müssen.

Das Gespräch führte Hans Ineichen.

Meistgelesene Artikel