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Farschad Farahat
Legende: «Ich verbrachte eine spannungsgeladene Kindheit»: Schauspieler Farshad Farahat in Los Angeles. SRF/Priscilla Imboden

International «Die Sanktionen nützen den Hardlinern im Iran»

Farshad Farahat ist US-Schauspieler iranischer Herkunft. Er lebt in der grossen iranischen Diaspora in Los Angeles. Bekannt wurde er mit seiner Rolle im Film «Argo», wo er einen Verhörer der iranischen Revolutionsgarde spielte. Er engagiert sich für gewaltlosen Widerstand und atomare Abrüstung.

SRF News: Wann kamen Sie in die USA?

Farshad Farahat: Es war 1986. Meine Familie – mein kleiner Bruder und ich sowie meine Eltern – kam hierher nach Los Angeles, um ein besseres Leben zu führen. Damals tobte der Iran-Irak Krieg, Teheran wurde jede Nacht bombardiert. Da entschied meine Familie, dass es Zeit war, zu gehen.

Wie wurden Sie akzeptiert als iranischer Junge in den USA?

Das gab Spannungen. Die Tatsache, dass der Iran und die USA im Konflikt standen, machte es nicht einfach. Da kam es zu Streit.

Haben sie ein Beispiel?

Während des Krieges zwischen dem Iran und dem Irak nannten sie uns «Saddam Hussein». Sie wussten nicht, dass er der grösste Feind des Iran war. Das war für uns natürlich schlimm. Das beeinflusst einem als Kind, besonders wenn man aus einer Kriegszone kommt und hier auf Spannungen stösst. Ich verbrachte eine spannungsgeladene Kindheit.

Wie gingen Sie damit um, als sie erwachsen wurden?

Ich bin Schauspieler geworden und das hat mir geholfen, Dinge auszudrücken. Und ich beschäftigte mich mit Konfliktlösung und gewaltlosem Widerstand, auch das half. Ich war 1999 im Iran, als die jungen Menschen der grünen Bewegung auf die Strasse gingen. Die Filmkunst gibt mir ein Instrument, um Themen, die mich beschäftigen, zu verarbeiten.

Was gefiel Ihnen am Film «Argo»?

Der Film zeigte, weshalb die Iraner wütend sind auf die USA. Wegen dem von der CIA mitorchestrierten Sturz des iranischen Premiers Mossadegh 1953 sowie die anschliessende Unterstützung des Schahs mit seinen brutalen Unterdrückungsmethoden. Es war das erste Mal, dass die Mainstream-Medien diese Wut erklärten und zeigten, dass sie nicht deshalb existiert, weil die Iraner die US-amerikanischen Freiheiten und Kultur hassen. Das war ein Fortschritt und ich hoffe, dass es weitere geben wird.

Weshalb engagieren Sie sich für die atomare Abrüstung?

Ich habe als Kind in Teheran die verheerenden Folgen der chemischen Kriegsführung erlebt. Es gibt keinen vertretbaren Anlass, solche Massenvernichtungswaffen einzusetzen. Mir gefiel die Arbeit der NGO Ploughshares Fund, weil sie sich für die nukleare Abrüstung in Kriegszonen einsetzt und für eine friedliche, diplomatische Lösung im Konflikt um das iranische Nuklearprogramm. Deshalb bin ich dort in den Vorstand getreten.

Befürworten Sie das Atomabkommen?

Absolut. Es gibt keine andere Lösung.

Viele Exil-Iraner befürchten aber, dass das Ende der Sanktionen dem Regime zu Geld verhilft und es stärkt.

Damit bin ich nicht einverstanden. Die Sanktionen nützen den Hardlinern im Iran: der Schwarzmarkt floriert, die Revolutionsgarde ist stark, die normale Bevölkerung leidet. Wenn die Sanktionen beendet werden, so entstehen Kontakte zum Ausland. Dann wird es schwieriger für die Regierung, gewalttätiger zu werden gegenüber den Nachbarstaaten und der eigenen Bevölkerung. Dies wird die Zivilgesellschaft stärken.

Die grüne Bewegung hat die Mullahs bereits stark unter Druck gesetzt. Deshalb mussten sie mit Hassan Ruhani einen moderateren Präsidenten akzeptieren. Jetzt ist der Moment, den Iran in die Weltgemeinschaft zu holen, kulturell und wirtschaftlich mit ihm in Verbindung zu treten. Das wird das Regime viel eher zähmen als die Abschottung.

Sie haben einen Kurzfilm gedreht über den arabischen Frühling und den Aufstand am Tahrir Platz, der sehr hoffnungsvoll endet. Wie sehen sie die Lage heute?

Leider bringen friedliche Bewegungen Gewalt hervor, die unterschwellig vorhanden war. Ägypten ist wie der Iran im Jahr 1979. Das Militär muss mal an die Macht, dann die Islamisten. Das muss durchs System gehen, bis eine Demokratie möglich wird. Gewaltloser Widerstand führt oft nicht in einem einzelnen Schritt zum freiheitlichen System.

Die gesellschaftlichen Probleme müssen vorher verarbeitet werden. Das ist ein schmerzlicher Prozess. Aber er kann erfolgreich sein. Wenn Sie jemandem vor sechzig Jahren gesagt hätten, dass es in Europa Frieden geben und Deutschland die Gemeinschaft anführen würde, hätten alle gedacht, Sie spinnen. Also habe ich Hoffnung.

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