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International «Die Zensur läuft auf Hochtouren»

Die Bevölkerung in China wisse von den Protesten in Hongkong so gut wie gar nichts, berichtet SRF-Korrespondent Urs Morf aus Peking. Die chinesische Führung wolle die Forderung nach freien Wahlen so weit wie möglich unterdrücken – aus Angst vor Unruhen auf dem Festland.

SRF: Was weiss die Bevölkerung Chinas über die Proteste?

Urs Morf: So gut wie gar nichts. Die Fernseh- und Radiosender verschweigen die Ereignisse in Hongkong gänzlich. In gewissen Zeitungen gibt es kleine Artikel, die über eine «Störung der öffentlichen Ordnung» durch «illegale Elemente» berichten. Über die Hintergründe und Dimensionen der Proteste wird nichts erzählt. Im Internet läuft die Zensur auf Hochtouren.

In China werden aber auch Nachrichtensender wie CNN und BBC empfangen. Und trotzdem weiss die Bevölkerung nichts von den Protesten?

Nein, gar nichts. Seit heute früh wird der Bildschirm schwarz, sobald Berichte über die Unruhen kommen.

Wovor fürchtet sich die chinesische Führung denn?

Diese Bewegung in Hongkong fordert echte demokratische Wahlen. Setzt sie sich durch, könnte das auf dem Festland Schule machen. Dort gibt es jedes Jahr rund 90‘000 nicht friedliche Zwischenfälle, meist Proteste gegen inkompetente Lokalregierungen oder Umweltverschmutzung. Wenn die Bevölkerung sehen würde, dass die Menschen in Hongkong ihre Regierung selber wählen dürfte, würden sie dies ebenfalls einfordern.

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Setzt Chinas Präsident und Parteichef Xi Jinping wirklich die Finanzdrehscheibe Hongkong aufs Spiel und lässt beispielsweise Militär aufmarschieren?

Im Moment haben die Menschen in Hongkong Angst, dass tatsächlich das Militär eingesetzt wird. Morgen ist der Nationalfeiertag, der auch in der Stadt normalerweise mit viel Pomp begangen wird.

Die chinesische Regierung hat aber realisiert, dass sie diese Protestbewegung massiv unterschätzt hat und dass ein Militäreinsatz kontraproduktiv wäre. Ich glaube, die chinesische Führung will die Demonstrationen nun einfach versanden lassen.

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