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Ein gelb-orangenes Ambulanzfahrzeug auf einer Strasse
Legende: Rettungskräfte sollen dank dem automatischen Notruf via eCall schneller an einem Unfallsort eintreffen. Keystone

International eCall – wenn das Auto den Rettungsdienst ruft

Die EU will ein automatisches Notrufsystem für alle Neuwagen ab 2018 einführen. Auch Schweizer Neuzulassungen sollen mit eCall ausgerüstet werden. Datenschützer haben aber Bedenken. Grundlos, sagt Bernhard Gerster, Professor für Automobiltechnik. eCall sei eine Chance für die Zukunft.

Alle Neuwagenmodelle in Europa sollen spätestens von April 2018 an mit dem automatischen Notrufsystem eCall ausgestattet sein. Der zuständige Ausschuss im Europaparlament stimmte am Donnerstag in Brüssel für die Einführung. Auch die EU-Staaten müssen dem Plan noch zustimmen, ein Ja wird aber erwartet. Das System soll auch in Island, Norwegen und der Schweiz eingeführt werden.

Ziel: weniger Unfalltote

Die Fahrzeuge sollen mit einem GPS-Sender und einer SIM-Karte ausgerüstet werden, weiss Bernhard Gerster, Professor für Automobiltechnik an der Berner Fachhochschule. «Wird ein Airbag oder ein anderes Sicherheitssystem ausgelöst, meldet das System einer Notrufzentrale automatisch die Koordinaten des Fahrzeugs.»

So könnten in Europa Rettungszeiten verkürzt und laut Schätzungen rund 2500 Unfalltote verhindert werden. Allein im vergangenen Jahr starben nach Angaben des Europaparlaments etwa 26'000 Menschen auf Europas Strassen.

Neue Möglichkeit zur Überwachung?

Die Einführung von eCall war bei Datenschützern auf Bedenken gestossen – sie fürchteten, das System könne Informationen etwa zur Fahrweise sammeln, die auch gegen den Autofahrer verwendet werden könnten. Laut Parlament sollen erst dann Daten übermittelt werden, wenn ein Unfall geschieht.

Die 170-Milliarden-App

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Kommerziell nutzen lassen sich die eCall-Systeme über Zusatzdienste wie etwa einen Pannenservice. Wer das Auto abschleppt, kann meistens auch an der Reparatur verdienen. Der Markt dafür wird in Europa auf 170 Mrd. Euro pro Jahr geschätzt. Die Autohersteller haben deshalb private eCall-Systeme lanciert, um die EU-Gesetzgebung zu umgehen.

Zu diesen Informationen gehören die Fahrzeugklasse, die Art des Treibstoffs sowie Unfallzeit und -ort. «Es werden keine Bewegungsdaten übermittelt», sagt Gerster. Zur Klärung der Schuldfrage taugten die Daten also nicht. Der Rettungsdienst darf diese Daten zudem nicht ohne ausdrückliche Genehmigung der Betroffenen an Dritte weitergeben, zudem müssen sie löschbar sein.

Dadurch, dass eCall von der EU betrieben werde, sei sichergestellt, dass mit den Daten keine kommerziellen Zwecke verfolgt würden. eCall biete aber wegen der SIM-Karte die gleichen Möglichkeiten zur Überwachung, die schon beim Mobilfunk generell bestehen, sagt der Automobil-Professor.

Kommunikationssystem der Zukunft

Die Implementierung von eCall sieht Gerster als Investition, die über einen automatischen Notrufdienst hinausgeht. «In Zukunft wird der Automobilverkehr hoch automatisiert sein.» Dazu biete das Notrufsystem die notwendige Kommunikationstechnologie, um Daten mit der Umgebung auszutauschen – Stichwort autonomes Fahren.

Einige Autohersteller bieten bereits eigene eCall-Systeme an. Verbraucher können nach der EU-weiten Einführung selbst entscheiden, ob sie diese weiterhin nutzen.

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