Wie schafft man es, dass grosse, mächtige Unternehmen ihre Macht nicht missbrauchen, Kartelle bilden und so die Konsumenten abzocken? Das wollte der diesjährige Wirtschaftsnobelpreisträger Jean Tirole wissen. Mit Modellen und Spieltheorien testete der Franzose, wie Unternehmen auf welche Eingriffe wie reagieren.
Die Resultate sind von grosser Bedeutung für die Wettbewerbsbehörden – und werden bereits wirtschaftspolitisch umgesetzt. In der Schweiz beispielsweise biete man Unternehmen finanzielle Anreize, Kartelle in ihren eigenen Branchen aufzudecken. Whistleblowern gewährt man zudem mehr Immunität. «Das hat dazu geführt, das Kartelle wesentlich instabiler geworden sind», sagt Professor Thomas von Ungern-Sternberg von der Universität Lausanne.
Spezifische Anreize setzen
Dass die sogenannte Kronzeugenregelung funktioniere, zeige etwa der Libor-Skandal um die Zins-Manipulationen bei der UBS, oder eine Untersuchung wegen möglicher Preisabsprachen im Autoleasing, die offenbar wegen einer involvierten Leasingfirma ins Rollen kam.
Tirole habe auch herausgefunden, dass spezifische Regulierung wirkungsvoller sei als allgemeine. Diesen Ansatz verfolge die Europäische Wettbewerbskommission vermehrt, sagt die Ökonomin und Buchautorin Karen Horn. Man prüfe die Kostenstrukturen einzelner Branchen und schaue dann, wo man mit welchen Anreizen den Hebel ansetzen könne. Dies erhöhe die Wirksamkeit der Regulierungsmassnahmen.
Grosser Spielraum in der Regulierung
Es gebe aber auch Nachteile, sagt Horn. «Der Regulator hat einen grossen Ermessensspielraum. Damit besteht eine gewisse Rechtsunsicherheit.» Dennoch sei die Wahl Tiroles gelungen, meint auch von Ungern-Sternberg. «Was Tirole auf diesem Gebiet geleistet hat, ist erstens bahnbrechend und wird zweitens Bestand haben.»