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International Eine Kirche in Angst vor dem Frevel in ihr

Prunksüchtige Kardinäle, versickernde Spendengelder: Die neuesten Vatileaks zeichnen ein verheerendes Bild der römischen Kurie. Unser Italien-Korrespondent ordnet die Vorwürfe ein – und erklärt, was sie für «Armenpapst» Franziskus bedeuten.

Dem Vatikan braucht man nicht mit Gianluigi Nuzzi kommen: beim glatzköpfigen Journalisten dreht so mancher in den heiligen Hallen in Rom im roten Bereich. Bereits vor drei Jahren hatte er Interna über das höchst nebulöse Finanzgebaren des Heiligen Stuhls bekannt gemacht – er ist mit diesen Vatileaks in die Geschichte eingegangen.

Jetzt schieben er und morgen ein anderer Autor Futter nach: Nuzzis neuestes Buch berichtet über vertrauliche Dokumente und Informationen aus dem Innersten des Vatikan – und was dort angeblich mit dem Geld passiert, ist happige Kost. Von Verschwendung und Korruption ist die Rede.

Schon während der Osterfeierlichkeiten letzten Jahres geisselte Papst Franziskus die «feiste, prunksüchtige und eingebildete» Kurie. Die Enthüllungen dürften das Treiben der Geistlichen in blumiger Weise ausschmücken. Unser Korrespondent Franco Battel war bei der Präsentation von Nuzzis Buch in Rom dabei. Er erklärt, was es genau es ans Licht zerrt.

Franco Battel

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Porträt Franco Battel

Franco Battel ist seit Anfang 2015 SRF-Korrespondent in Rom. Davor war er als Auslandredaktor für Italien, Mexiko, Zentralamerika, Kuba und Liechtenstein verantwortlich. Er berichtete zudem vom UNO-Sitz in Genf.

SRF News: Was enthüllt das Buch eigentlich?

Franco Battel: Es liefert eine ganze Fülle von Details zu den Finanzen des Vatikans. Es beruht auf Dokumenten, die aus dem Vatikan entwendet wurden und in die Hände der beiden Autoren gelangt sind. Das gemeinsame der Dokumente ist, dass sie dem Vatikan vorwerfen, beim Finanzgebaren wenig transparent zu sein. Auch, dass einige Würdenträger Geld verschwendeten und der Umgang mit Spenden, die dem Vatikan zufliessen, alles andere als transparent sei.

Gibt es dazu konkrete Beispiele?

Das konkreteste ist der sogenannte Peterspfennig. Diese Kollekte wird alljährlich in katholischen Kirchen rund um den Globus eingezogen. Sie ist für karitative Zwecke bestimmt. Der Autor zeigt nun, dass acht von zehn eingezogenen Euro in der vatikanischen Verwaltung versickern. Nur zwei kommen tatsächlich bei Bedürftigen an. Es geht aber auch um den bedeutenden Liegenschaftsbesitz des Vatikans. Dieser soll sehr schlecht verwaltet werden. Und: Verschiedene Kardinäle würden in viel zu grossen Wohnungen zu einem viel zu tiefen Mietzins leben.

Das sind massive Vorwürfe. Wie glaubhaft sind sie?

Der eine Autor, Gianluigi Nuzzi, stützt sich auf Dokumente, die er im Anhang seines Buches ausweist. Sollten diese gefälscht sein, käme das ziemlich schnell ans Tageslicht. Ich gehe davon aus, dass bald Klarheit herrschen wird.

In der letzten Zeit sickert immer mehr über das Finanzgebaren im Vatikan durch. Ist das jetzt wirklich neu?

Über die mangelnde Transparenz gab es immer wieder Belege. Jetzt kommen aber neue, zum Teil stossende Details dazu. Etwa bei den Spenden. Vor allem stammen die Dokumente teils auch aus den letzten beiden Jahren, also aus der Amtszeit von Papst Franziskus.

Will der Autor Gianluigi Nuzzi tatsächlich dem Papst schaden? was ist sein Motiv?

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Der Autor selbst sagte heute in Rom, er habe aufzeigen wollen, mit welch massiven Widerständen der Papst innerhalb des Vatikans zu kämpfen hat. Er gab also vor, dass diese Enthüllungen dem Papst beim Saubermachen helfen. Klar ist aber: Beide Autoren, die in diesen Tagen ihre Bücher veröffentlichen, wollen populäre Bücher schreiben; also Beststeller, die sich verkaufen. Bezeichnenderweise wurden beide Bücher auch schon in verschiedene Sprachen übersetzt.

Der Papst selber sagt, er wolle Saubermachen, er wolle Reformen. Was ist bisher passiert?

Weil bei den vatikanischen Verhältnissen und insbesondere den Finanzen zu wenig Transparenz herrscht, ist schwierig zu sagen, was Papst Franziskus in diesem Bereich tatsächlich erreicht hat. Auch die beiden Autoren lassen sich nicht auf die Äste hinaus und geben keine Wertung ab. Klar ist aber, dass insbesondere bei den Spenden und auch bei den Immobilien mehr Transparenz hergestellt werden müsste. Denn die Berichte schaden dem Vatikan langfristig und nachhaltig. Es stellt sich nun die Frage, wie der Papst auf die festgestellten Mängel reagiert.

Das Gespräch führte Simone Fatzer.

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