An der Ruine des 1986 explodierten Atomkraftwerks Tschernobyl in der Ukraine haben Arbeiter mit dem spektakulären Transport einer riesigen neuen Schutzhülle begonnen. Auf Spezialschienen werde die mehr als 36'000 Tonnen schwere Konstruktion zu dem etwa 330 Meter entfernten Reaktor geschoben, teilte die Staatsagentur zur Verwaltung der Evakuierungszone mit.
Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa zehn Metern pro Stunde wird das grösste bewegliche Bauwerk der Welt über den explodierten Block 4 gedrückt: ein Stahlbogen von 110 Metern Höhe, 165 Metern Länge und 257 Metern Breite. Die Hülle ergänzt einen Betonsarkophag, der von der Sowjetunion nach der fatalen Kernschmelze im April 1986 eilig errichtet worden war und nun brüchig ist.
«Ein historischer Schritt»
Der ukrainische Umweltminister Ostap Semerak sprach von einem historischen Schritt. «Das ist der Anfang vom Ende des 30-jährigen Kampfes gegen die Folgen der Katastrophe von Tschernobyl», sagte er. Der Abschluss der Arbeiten ist für den 29. November geplant.
Ein internationales Konsortium hatte den Mantel mit einer Grundfläche von etwa sechs Fussballfeldern in den vergangenen Jahren nahe der sogenannten Todeszone montiert. Mit dem Stahlbogen werde die Sicherheit um das abgeschaltete AKW «auf ein neues Niveau gebracht», sagte Semerak.
Der riesige Mantel in Bogenform soll für die nächsten 100 Jahre einen Austritt von Strahlen aus dem havarierten Meiler verhindern sowie vor Umwelteinflüssen wie Nässe schützen. Zudem ist die Konstruktion innen mit Greifarmen ausgestattet. Sie sollen Arbeiten an dem alten Reaktor ermöglichen.
Kosten von zwei Milliarden
In der Anlage befinden sich Experten zufolge noch 200 Tonnen Uran. Den Organisatoren zufolge hält die neue Hülle einem Erdbeben der Stärke sechs und einem Tornado der Stufe drei stand. Über 40 Geberländer ermöglichten das etwa zwei Milliarden Euro teure Mammutprojekt. Allein hätte die finanziell klamme Ukraine den Bau nicht stemmen können. Auch nach der Inbetriebnahme der Hülle 2017 wird der zweitgrösste Flächenstaat Europas für den Unterhalt wohl nicht ohne internationale Hilfe auskommen.
«Für uns ist dieser Bogen nicht einfach nur 36'000 Tonnen Metallkonstruktion», sagte Tschernobyl-Kraftwerksdirektor Igor Gramotkin. «Das sind 36'000 Tonnen unseres Glaubens an den Erfolg, an diesen Ort, unsere Menschen in der Ukraine», meinte er.