Wieder gibt es beim Weltfussball-Verband Fifa Turbulenzen auf oberster Ebene. Generalsekretär Jérôme Valcke ist seinen Job los. Er ist suspendiert worden. In einer offiziellen Mitteilung heisst es, die Fifa habe von einer Reihe von Vorwürfen Kenntnisse erhalten, die den Generalsekretär betreffen. Der Angeschuldigte bestreitet die Vorwürfe. Doch im Raum bleibt der Vorwurf stehen, Valcke habe sich rund um den Verkauf von WM-Tickets persönlich bereichert.
SRF News: Geht es beim jüngsten Vorfall wirklich um Bereicherung?
Jens Weinreich: Zumindest hat Valcke das versucht. Das ist sogar vertraglich festgehalten. Dies haben in Zürich an einer Pressekonferenz, Marketing-Manager ausgewählten Journalisten erzählt. Dazu haben sie auch eine Menge Dokumente vorgelegt. Ob Valcke kassiert hat, ist unklar. Bisher muss man sagen, nein. Allerdings, das Kuriose daran: Diese Manager haben sogar einen Koffer vorgeführt, in dem angeblich das Schmiergeld – also das Geld, das für Valcke vorgesehen war – übergeben werden sollte.
In welcher Grössenordnung muss man sich das vorstellen?
Die Dimension entspricht der Fifa. In dem Fall geht es um Millionen für einen Ticketdeal. Das hat ja Tradition bei der Fifa, das Dealen mit WM-Tickets, mit Hospitality-Paketen von Weltmeisterschafts-Turnieren. Da haben sich nachweislich – gerichtsfest verbrieft – einige Fifa-Vorstandsmitglieder bedient. Jack Warner beispielsweise hat viele Millionen bei mehreren WM-Turnieren kassiert. Diese WM-Tickets, wie auch die Marketingverträge, zählen zum ganz normalen Business von bestimmten Fifa-Leuten.
Wir haben es mit Korruptionsvorwürfen zu tun, rund um die Vergabe von WM-Tickets. Stehen damit auch die Weltmeisterschaften von 2018 und 2022 wieder zur Disposition?
Das ist in den letzten Tagen etwas zu Unrecht in den Hintergrund gerückt. Darüber haben am Montag auch Bundesanwalt Lauber und US-Justizministerin Lynch nicht gesprochen. Aber ganz klar ist, dass sich die Ermittlungen in der Schweiz auch auf Russland 2018 und vor allem auf Katar konzentrieren. Man kann davon ausgehen, dass die Unterlagen, welche die Amerikaner im Laufe der Jahre gesammelt haben, gerade in Bezug auf Katar 2022, längst in der Schweiz vorliegen. Nun kann man spekulieren, ob die Bundesanwaltschaft personell gut genug ausgerüstet ist. Sehr wahrscheinlich nicht, das machen nur ein paar Leute dort. Aber der Fokus bleibt ohnehin bei Katar.
Im Übrigen geht es ja nicht nur um Korruption. Wir haben es mit internationaler und organisierter Kriminalität zu tun. Zudem geht es auch um Geldwäsche, Bestechung, Korruption und bandenmässige Verschwörung. Dies sind unter anderem die Anklagepunkte. Und das alles ist die Fifa. Vergessen Sie bitte nicht: In der amerikanischen Justiz wird die Fifa als «Racketeer Influcenced and Corrupt Organisation» (RICO) bezeichnet und behandelt. Nämlich als von Gangstern dominierte korrupte Organisation. Dazu gibt es ein Gesetz aus dem Jahr 1970. Dieses ist die Grundlage für all diese Verhaftungen. Und wird es wird auch die Grundlage sein für die Prozesse.
Bringen die Ermittlungen seitens der Schweiz und USA zusammen mit den neusten Entwicklungen eine neue Dynamik mit sich?
Die Dynamik ist da, ja. Und ich glaube natürlich, dass jeder dieser Sachverhalte ein weiteres Puzzleteil ist. Was sich indes gestern abgespielt hat – diese Pressekonferenz und das Bedienen von Journalisten – hat noch einen andere Aspekt. Den möchte ich ungern verschweigen. Denn Benny Alon, ein Manager dieser Marketing-Agentur, ist ein wirklich sehr guter Kumpel von Uefa-Präsident und Fifa-Vize Michel Platini. Sie sind Golfpartner. Und da gibt es schon einige Anzeichen dafür, dass da möglicherweise auch etwas bewusst in Umlauf gebracht wurde. Dass da vielleicht auch jemand dahinter steht. Es könnte im Interesse von Platini und einigen anderen sein, den Fokus wieder auf die Fifa-Führung zu legen und von den eigenen Verstrickungen abzulenken.
Das Gespräch führte Daniel Eisner.