Ein Nachbar verhalf einer der Frauen in Cleveland im US-Bundesstaat Ohio zur Flucht. Charles Ramsey war auf ihre verzweifelten Hilferufe aufmerksam geworden und brach die Haustür ein. Die befreite Frau rief per Telefon die Polizei: «Ich bin Amanda Berry. Ich wurde entführt. Ich werde seit zehn Jahren vermisst. Ich bin frei.»
Nachbar: «Ich hatte keine Ahnung»
Nur wenige Minuten später stürmte die Polizei das Haus und befreite auch Gina DeJesus und Michele Knight. Wie die Behörden mitteilten, wurden drei Verdächtige festgenommen. Die Festgenommenen sollen Brüder im Alter von 50, 52 und 54 Jahren sein. Einer von ihnen lebte in dem Haus.
Den Nachbarn war nie etwas Ungewöhnliches aufgefallen. «Ich hatte keine Ahnung, dass da noch jemand in dem Haus war», erzählte Ramsey, der etwa seit einem Jahr nebenan wohnt. «Ich habe mit dem Kerl gegrillt.»
Keine Angaben zur Gefangenschaft
Berry war laut FBI 16 Jahre alt, als sie im April 2003 nach der Arbeit in einem Fastfood-Restaurant verschwand. DeJesus verschwand ein Jahr später auf dem Heimweg von der Schule, sie war damals 14. Knight war 21 Jahre alt, als sie im August 2002 letztmals gesehen wurde.
Es werde noch Wochen dauern, bis alle Details des Falls aufgearbeitet sind, sagte Clevelands Polizeichef Michael McGrath am Abend an einer Medienkonferenz. «Es gibt logistische Informationen aus zehn Jahren, die durchgeforstet werden müssen.»
Kind zur Welt gebracht
Mindestens eine von ihnen hat in Gefangenschaft offenbar ein Kind geboren. Ein Notarzt, der die Frauen untersuchte, sagte, sie seien in guter Verfassung. Das sechsjährige Mädchen ist nach Angaben der Ermittler wahrscheinlich Berrys Tochter. Wer der Vater ist, sagten sie nicht.
Die Bundespolizeibehörde FBI durchsuchte das Haus in der Seymour Avenue, in dem die Frauen festgehalten wurden. Es liegt in einer von vielen Latinos bewohnten Gegend in Cleveland, weniger als einen Kilometer von den Häusern der Familien von Berry und DeJesus entfernt. Bei dem mutmasslichen Entführer soll es sich Medienberichten zufolge um einen ehemaligen Schulbusfahrer, handeln. Er soll seit 1992 in dem Haus wohnen.
Hunderte Schaulustige versammelten sich in Cleveland in der Nacht auf Dienstag in der Nähe des Tatorts und vor dem Krankenhaus. Die Erleichterung über den unerwarteten guten Ausgang dieser Vermisstenfälle war gross. Lokale Medien hatten auch nach Jahren immer wieder über die Vermissten Berry und DeJesus berichtet.