Zwei Wahrzeichen in Kathmandu vorher und nachher
Nach dem schweren Erdbeben in Nepal steigt die Zahl der Todesopfer immer weiter an. Bis am Dienstag wurden mindestens 4310 Tote gezählt, davon 4010 in Nepal und mehr als 90 in den Nachbarländern Indien und China.
Mehr als 7600 Menschen wurden bei dem Beben der Stärke 7,8 vom Samstag verletzt. Zehntausende Nepalesen harrten am Montag weiter in Zelten aus und warteten auf Hilfe.
Immer mehr Opfer auch in Tibet
Auch auf chinesischer Seite steigt die Zahl der Opfer immer weiter an. In Tibet sollen mittlerweile 25 Tote zu beklagen sein. Es wird befürchtet, dass noch mehr Menschen ums Leben gekommen sind. Viele Strassen sind noch blockiert und Telekommunikationsverbindungen unterbrochen, wie die amtlicher Nachrichtenagentur Xinhua in der Nacht berichtete. 117 Verletzte seien gezählt worden.
«Improvisierte Zeltstädte»
In Kathmandu seien viele Läden geschlossen, berichtet SRF-Sonderkorrespondentin Barbara Lüthi. «Viele Menschen campieren im Freien in improvisierten Zeltstädten.» Viele Häuser in Kathmandu stünden zwar noch, aber es sei nicht klar, wie stark sie beschädigt seien und wie leicht sie zusammenstürzen könnten.
Die Katastrophenschutzbehörde erklärte, die Rettungskräfte würden ihre Bemühungen nun auf Verschüttete unter eingestürzten mehrstöckigen Gebäuden konzentrieren. Doch fehle es nach wie vor an Ausrüstung, um Überlebende aufspüren und bergen zu können. Spitäler und Leichenhallen seien völlig überfüllt.
Dies bestätigt auch Barbara Lüthi, SRF-Sonderkorrespondentin: «Ein weiteres Problem sind die Spitäler. Diese sind hoffnungslos überfüllt und es fehlt an Betten und Medikamenten.» Die Sorge vieler Menschen sei aber auch der Nachschub an Wasser und Nahrungsmitteln.
Die Schweiz hat bisher keine Todesopfer zu beklagen, wie Ralf Heckner, Chef des Krisenmanagement-Zentrums des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), am Montag erklärte. Mehr dazu lesen Sie hier.
Zahlreiche Bergsteiger gerettet
Laut einem örtlichen Polizeisprecher, konnten bislang 205 Bergsteiger am Mount Everest gerettet werden. "Fast alle" Betroffenen seien mit Helikoptern ins Tal geflogen worden. Nach den Erdbeben-Lawinen war ihre Route blockiert. Zuvor waren bereits zahlreiche Verletzte aus dem Basislager ausgeflogen worden.
Das Erdbeben hatte eine Lawine ausgelöst, die einen Teil des Basislagers verschüttete, mindestens 18 Menschen wurden getötet. Über diese Rettungsarbeiten berichtet SRF-Redaktor Frank Senn. Mehr dazu lesen Sie hier.
Viele Gegenden noch immer abgeschnitten
In Kathmandu könne man sagen, dass sich die Rettungskräfte einen gewissen Überblick verschafft haben und die Rettungsarbeiten gut laufen, erklärt Korrespondentin Lüthi weiter.
«Aber es geht eben auch um die ländlichen Gebiete und wir hören hier, dass über 25 Distrikte der 75 nepalesischen Bezirke schwer betroffen sind», erklärt die SRF-Korrespondentin. Viele dieser Gegenden seien immer noch völlig abgeschnitten von jeglicher Hilfe. Hilfsgüter und Bergungsmaschinen in solche Gebiete zu bringen, sei jetzt die grösste Herausforderung.
Retter kommen nicht voran
Die Hilfe aus dem Ausland lief nur zögerlich an. Der Flughafen von Kathmandu – der einzige internationale Flughafen des Landes – erwies sich als Nadelöhr für die internationale Hilfe. Der Einsatz der Rettungsteams wird zudem durch Nachbeben und zerstörte Strassen behindert.
Weil unklar war, ob ein grosses Flugzeug in Kathmandu überhaupt landen kann, schickte die Schweiz am Sonntag lediglich ein kleines Team mit einem Rega-Jet nach Nepal. Das Team habe mehrere Stunden warten müssen, bis es überhaupt das Flugzeug verlassen konnte, hiess es.
Der Engpass am Flughafen war einer der Gründe, warum die Schweiz nicht die Rettungskette losgeschickt hat. Dabei handelt es sich um 100 Personen mit 20 Tonnen Material.
Am Mittwoch soll ein achtköpfiges Team für medizinische Hilfe mit dem Bundesrats-Jet nach Nepal geflogen werden. Mehr zur Schweizer Hilfe lesen Sie hier.
Der Wiederaufbau in Nepal könnte Experten zufolge mehr als fünf Milliarden Dollar kosten – das sind rund 20 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Die EU-Kommission sagte drei Millionen Euro Nothilfe zu. Die zuständigen UNO-Organisationen kündigten umfangreiche Unterstützung an.