Zweieinhalb Wochen nach dem Abschluss des Flüchtlingspakts der EU mit der Regierung in Ankara sind die ersten Migranten von Griechenland aus in die Türkei zurückgeschickt worden. Insgesamt brachten bislang drei Schiffe 202 Migranten von den griechischen Inseln Lesbos und Chios in die Türkei. Es handle sich um Menschen, die kein Asyl in Griechenland beantragt hätten, teilte das griechische Ministerium für Bürgerschutz mit.
Nur 11 Frauen an Bord
Von Lesbos brachen zwei Schiffe mit 136, von Chios ein Schiff mit 66 Menschen in Richtung Türkei auf. Darunter waren nach Angaben des Ministeriums 191 Männer und 11 Frauen. Die meisten Migranten stammten aus Pakistan und Afghanistan.
Andere kamen aus dem Iran, aus dem Kongo, Sri Lanka, Indien, Bangladesch, aus dem Irak, Somalia und der Elfenbeinküste. Auch zwei Syrer wurden mit den Schiffen in die Türkei gebracht. Sie wollten nach Angaben der Behörden wegen familiärer Umstände freiwillig zurückkehren.
Keine weiteren Rückführungen am Montag
Eine weitere Rückführung solle es am Montag nicht geben, sagte eine Sprecherin der griechischen Polizei. Denn im sogenannten «Hotspot» auf Lesbos begannen Flüchtlinge derweilen massenhaft Asylanträge zu stellen, um ihre Abschiebung hinauszuzögern. Von nun an gelte es, diese Asylanträge zu bearbeiten, bevor weitere Personen in die Türkei zurückgeschickt werden könnten.
Die Frontex gab bekannt, dass die türkischen Einwanderungsbehörden den Prozess übernehmen, sobald die Migranten die Türkei erreicht hätten. Auf dem Weg in den Hafen von Dikili wurde das erste Schiff von der türkischen Hafenwache begleitet. Über dem Hafen kreiste ein Polizeihubschrauber.
Erste Flüchtlinge nach Deutschland gebracht
Mit der Abschiebung greift ein zentraler Bestandteil des EU-Türkei-Abkommens. Dieses sieht vor, alle seit dem 20. März in Griechenland gestrandeten Flüchtlinge, die dort kein Asyl beantragen, in die Türkei zurückzuschicken.
Im Gegenzug will die EU für jeden abgeschobenen Syrer einen syrischen Flüchtling aus der Türkei aufnehmen. Wie ein Sprecher der deutschen Bundespolizei sagte, kamen am Morgen auf dem Flughafen Hannover 16 Migranten aus Istanbul an. Sie sollen in einem Durchgangslager untergebracht werden, bevor sie auf die Bundesländer verteilt werden. Über vollzogene Aufnahmen von anderen EU-Mitgliedsstaaten ist derzeit noch nichts bekannt.
Ruhe im Hafen von Lesbos
Auch wie viele Menschen in die Türkei zurückgebracht werden sollen und von wo aus dies geschehen soll, blieb unklar. Bis zuletzt hatte zudem Unsicherheit darüber geherrscht, ob die Rückführungen wie geplant anlaufen, da auf der griechischen Insel Lesbos kaum Vorbereitungen dafür zu erkennen waren. Entsprechend langsam sei es heute früh losgegangen, sagt SRF-Mitarbeiterin Rodothea Seralidou.
«Im Moment ist es relativ ruhig im Hafen von Lesbos», sagt sie. Es habe auch keine Proteste seitens der Menschen, die abgeschoben wurden, gegeben. «Sie wurden heute Morgen schon ganz früh zum Hafen gebracht, um die Fähre zu besteigen, die sie zurück in die Türkei bringt.» Das Polizeiaufgebot sei allerdings gross gewesen.
Das habe einen Grund, so Seralidou: «Die Behörden waren informiert, dass Organisationen auf der Insel heute Morgen um 10 Uhr eine Protestkundgebung am Hafen planten.» Die Abfahrt der Fähren sei deshalb um vier Stunden vorverlegt worden, von 10 auf 6 Uhr. «So konnten Zusammenstösse vermieden werden.»