Luxemburg will als erstes Land der EU Ausländern auf nationaler Ebene das aktive Wahlrecht einräumen. Dies für Ausländer, welche seit mindestens zehn Jahren im Land leben sowie einige weitere Kriterien erfüllen.
Beim bevorstehenden Referendum stehen zwei Zahlen im Vordergrund: Lediglich 55 Prozent der über 18-Jährigen haben einen luxemburgischen Pass, 45 Prozent sind Ausländer. Fast die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung, welche in Luxemburg lebt, arbeitet und dort auch Steuern bezahlt, hat politisch auf nationaler Ebene nichts zu sagen.
Dies sei für eine Demokratie problematisch, argumentiert die Regierung unter Ministerpräsident Xavier Bettel. Für die Regierung spricht das für eine Einführung des Wahlrechts für Ausländer.
Wirtschaftsmodell in Gefahr?
Heute leben in dem Kleinstaat 245‘000 wahlberechtigte Luxemburger. Würde das Referendum angenommen, kämen mit einem Schlag nochmals 105‘000 Personen dazu. Für das kleine Land wäre das eine fundamentale Änderung.
Die Bedeutung des luxemburgischen Passes würde abnehmen, argumentieren deshalb die Gegner, wie beispielsweise Fred Keeup. Er gehört einem der aktivsten Bürgerkomitees im Abstimmungskampf an. Die Gegner wollen das Luxemburgische bewahren. Dieses sehen sie bedroht – ebenso das luxemburgische Wirtschaftssystem.
So entsteht in Luxemburg eine Grundsatzdebatte. Mit den Bewahrern auf der einen und den Erneuerern auf der anderen Seite. Dass die Welten zwischen ihnen gross sind, zeigt sich auch an der Argumentation Bettels. Die Gegner betonen, das Wahlrecht hänge an der Staatsbürgerschaft. Bettel erwidert, die Staatsbürgerschaft habe mit dem Mitbestimmen überhaupt nichts zu tun.
Es wird ein Nein erwartet
Gemäss Umfragen sieht es eher nach einem Nein aus. Offenbar wirken die Argumente der Gegner überzeugender. Ausserdem hat die Regierung in den Augen vieler Beobachter im Abstimmungskampf zu zurückhaltend agiert. Sie hat sich erst vier Wochen vor dem Abstimmungssonntag eingeschaltet. Doch um das Volk von einer so fundamentalen Veränderung zu überzeugen, braucht es mehr.
Zudem kennt Luxemburg keine wirkliche direktdemokratische Tradition. Abstimmungen sind äusserst selten – und so werden diese oftmals zu einem Plebiszit über die Regierung. Und die Regierung Bettel kämpft zur Zeit in Umfragen mit eher schlechten Werten. Doch der Premierminister hat bereits mitgeteilt, dass ihn das nicht kümmere und er weitermachen werde – so oder so.