Ein Bild des Schreckens: Ein zerfetzter Reisebus unterhalb einer Autobahnbrücke. Trümmer, kaputte Sitze und blutige Tücher liegen in der Böschung. Der vollbesetzte Bus war rund 30 Meter in die Tiefe gestürzt. Mindestens 38 Menschen sind tot. Unter ihnen drei Kinder.
Verkehrsminister Maurizio Lupi hatte zuvor von 39 Todesopfern gesprochen. Bestätigt sind nun 38 Opfer und zehn Schwerverletzte, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete.
Die Überlebenden wurden mit schweren Verletzungen in Krankenhäuser in Neapel gebracht. Der italienischen Nachrichtenagentur Ansa zufolge sind unter ihnen drei Kinder, von denen zwei sich am Montagmorgen noch in kritischem Zustand befanden. Der Fahrer kam beim Unglück ums Leben.
Geplatzter Reifen schuld?
Eine Untersuchung über die möglichen Ursachen des Unglücks wurde in die Wege geleitet. Die Leiche des Fahrers soll obduziert werden, um festzustellen, ob der Busfahrer einen Herzinfarkt erlitten hatte. Auch nach möglichen Alkohol- oder Drogenrückstände im Blut wird gesucht.
Im Fokus der Untersuchung stehe aber nicht nur der Fahrer, sondern auch der Zustand der Strasse und die Beschilderung. Der Bus sei im März bei der Inspektion gewesen, sagte Verkehrsminister Lupi.
Gefährlicher Streckenabschnitt
Die Unfallstrecke auf der Autobahn A16 zwischen Neapel und Bari bei Avellino in Kampanien war Medienberichten zufolge schon mehrfach Schauplatz von Unfällen und wird als prekär eingeschätzt. Der Abschnitt sei einer der gefährlichsten in Italien, bestätigt auch SRF-Korrespondent Philipp Zahn. Es sei eine Strecke mit einer steil abfallenden Fahrbahn, vielen unübersichtlichen Kurven, starkem Verkehr und dunklen Tunnels, wo man eben das Stauende nicht sähe.
Das Unglück geschah am Sonntagabend gegen 20.30 Uhr auf der Autobahn 16 östlich von Neapel zwischen Monteforte Irpino und Baiano. Italienische Medien berichten von Augenzeugen, die sagen, dass ein geplatzter Reifen das Unglück ausgelöst habe.
Der Busfahrer habe vergebens versucht, das Fahrzeug zu bremsen, berichtete eine Überlebende. Daraufhin sei der Bus mit hoher Geschwindigkeit in ein
Stauende gerast. Dabei wurden 14 Autoinsassen leicht verletzt. Der Bus habe eine Leitplanke durchbrochen. Und dann in die Schlucht gestürzt.
Ein Augenzeuge berichtete zudem, dass die Reifen abgenutzt waren. Laut der Verkehrspolizei sind auf dem Asphalt keine Spuren zu sehen, dass der Bus gebremst habe. «Sicher kommen jetzt auch Fragen über die Verkehrssicherheit solcher Reisecars auf», erklärte Zahn.
Schwierige Bergungsarbeiten
Der Bus blieb in sehr schwer zugänglichem Gelände liegen. «Die Rettungsarbeiten waren sehr schwierig, weil der Bus nur noch ein Trümmerhaufen war und die Passagiere zwischen dem Blech eingeklemmt wurden», sagte ein Feuerwehrkommandant der Nachrichtenagentur Ansa.
Der Bus wurde bei dem Aufprall in zwei Teile gerissen. Die Autobahn musste für mehrere Stunden gesperrt werden.
«Trauriger Tag» für Italien
In dem Bus war nach Medienberichten eine Reisegruppe aus der Provinz Neapel unterwegs. Die meisten Opfer seien befreundet gewesen, manche auch verwandt. Sie sollen auf dem Rückweg von einem Wochenendausflug gewesen sein, bei dem sie eine Therme und dann den Pilgerort Pietrelcina, den Geburtsort des Nationalheiligen Padre Pio, besucht hatten.
Für Italien ist eines der schwersten Busunglücke in der Geschichte. Ministerpräsident Enrico Letta weilt zurzeit in Griechenland. «Das ist ein trauriger Tag», sagte er. «Es gibt keine Worte dafür.» Vor seiner Beteiligung an einer Konferenz zur Finanzkrise in Europa legte der Regierungschef eine Schweigeminute für die Opfer des Busunglücks ein.