Die Ukraine steht nach eigenen Angaben vor der Pleite. Und die EU will diese verhindern: «Wir wollen helfen, die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Ukraine zu stabilisieren», sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Dies sei das erste Mal seit vielen Jahren, dass man in Europa wieder eine wirkliche Gefahr für die Stabilität und sogar für den Frieden spüre.
OSZE nicht eingeladen
Davon zeugt auch der morgige Sondergipfel zur Ukraine in Brüssel. Nicht weniger als 28 EU-Staats- und Regierungschefs folgen der Einladung von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy.
Die EU-Chefs werden über die jüngsten Entwicklungen und die Möglichkeiten zur Entschärfung der Krise in der Ukraine diskutieren. Eine Delegation der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die sich um eine Lösung im Ukraine-Konflikt bemüht, ist gemäss eines Sprechers von Van Rompuy zum Sondergipfel nicht eingeladen.
Zurzeit hält sich Tim Guldimann, der Schweizer OSZE-Sondergesandte für die Ukraine, auf der Krim. Am Dienstagabend hatte die OSZE auf Einladung der Ukraine entschieden, militärische Beobachter ins Land zu schicken. Der Mission sollen mehr als 30 Experten aus 15 bis 20 Ländern angehören.
Russland versucht, militärisch Tatsachen zu schaffen auf der Krim. Die EU versucht, wirtschaftlich Tatsachen zu schaffen, indem sie die Ukraine näher an Europa heranführt.
Das Hilfsangebot der EU hat indessen nur indirekt mit dem aktuellen Konflikt zu tun. Die wichtigsten Bestandteile sind drei Milliarden Euro aus dem EU-Budget. Davon 1,4 Milliarden Zuschüsse und 1,6 Milliarden Euro Kredite.
Hinzukommen sollen rund drei Milliarden Euro Kredite von der Europäischen Investitionsbank. Ausserdem rechnet die Kommission mit Hilfen der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in Höhe von fünf Milliarden Euro.
Bei der Milliardenhilfe der EU handelt es sich nicht um eine selbstlose Spende. «Die EU versucht die Ukraine wirtschaftlich zu stärken und sie an die EU heranzuführen», sagt SRF-Korrespondent Jonas Projer in der «Tagesschau». Die EU tue das mit Geld, sie versuche dies aber auch mit Handelsvorteilen.
Überspitzt formuliert dies Projer so: «Russland versucht, militärisch Tatsachen zu schaffen auf der Krim. Die EU versucht, wirtschaftlich Tatsachen zu schaffen, indem sie die Ukraine näher an Europa heranführt.»
Janukowitsch schlug Geldleistungen der EU aus
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso rechnet fest damit, dass dieses Hilfspaket morgen Donnerstag von den Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten gebilligt wird. Denn die EU gehe davon aus, dass die ukrainische Regierung Reformen wolle und dass es sich um eine Regierung handeln werde, die alle Teile der Bevölkerung vertrete. Barroso sprach von «einem sehr ehrgeizigen Programm».
Der frühere Präsident Viktor Janukowitsch hatte vergangenes Jahr Hilfsgelder abgelehnt, um nicht politische und wirtschaftliche Reformen akzeptieren zu müssen. Diese schreibt der Internationale Währungsfond vor, wenn er für ein Land in die Bresche springen muss.
Auf die Frage nach Vorbedingungen für die Finanzhilfen antwortete Barroso: «Ich erwarte, dass die Ukraine eine Vereinbarung mit dem IWF unterzeichnet». Die damals genehmigten Hilfen in Höhe von 610 Millionen Euro könnten so «in den nächsten Wochen» ausgezahlt werden, führte Barroso weiter aus.
Ergänzend zu der Finanzhilfe schlägt die Kommission vor, dass die Zollerleichterungen für Exporte der Ukraine in die EU einseitig in Kraft gesetzt werden. Diese sind im noch nicht unterzeichneten Assoziierungsabkommen zwischen EU und Ukraine festgelegt. «Das spart Millionen Euro an Zöllen», sagte Barroso weiter.