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Martin Schulz
Legende: Scharfe Kritik vom EU-Parlamentschef an den Mitgliedsländern: Martin Schulz. Reuters

International EU-Flüchtlingspolitik: «Nichts bewegt sich»

Mit der Einwanderungspolitik europäischer Staaten geht EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hart ins Gericht. Brüssel denkt bereits über einen Sondergipfel der Staats- und Regierungchefs nach. Ein Seenot-Rettungsprogramm wird von deutscher Seite aber abgelehnt.

Nach der neuerlichen Flüchtlingstragödie im Mittelmeer mit Hunderten Todesopfern hat auch der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, ein Umsteuern bei der europäischen Flüchtlingspolitik gefordert. In der Pflicht sieht er die Mitgliedsstaaten, nicht die EU.

Wie viel muss eigentlich noch passieren, damit es endlich begriffen wird?
Autor: Martin Schulz Präsident des EU-Parlaments

«Wir können nicht an dem Symptom weiter herumdoktern, sondern müssen erkennen, dass wir ein Einwanderungsgebiet sind und eine legale, geordnete Einwanderungspolitik benötigen», sagte Schulz dem «Kölner Stadt-Anzeiger».

Er macht vor allem die Mitgliedsstaaten verantwortlich: «Nichts bewegt sich. Und das liegt nicht an der EU, sondern am Unwillen der Hauptstädte der EU-Mitgliedsstaaten. Nicht aller, aber einiger», sagte Schulz. «Wie viel muss eigentlich noch passieren, damit es dort endlich begriffen wird?», kritisierte er.

Regelung mit Libyen

Als konkrete Massnahmen forderte der EU-Parlamentspräsident, mit einer Regierung der Nationalen Einheit in Libyen eine Regelung zu treffen, um Flüchtlinge mit Ziel Europa «davon abzuhalten, sich in ein unkalkulierbares Risiko zu stürzen». Ausserdem werde ein effektiver Küstenschutz benötigt, um die organisierten Schleppernetzwerke zu bekämpfen.

Schulz mahnte an, die Ursachen der Flüchtlingskatastrophen zu bekämpfen. Dies bedeute auch, gescheiterten Staaten in Afrika Mittel zur Verfügung zu stellen, damit die Menschen nicht das Land verlassen müssten.

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EU erwägt Sondergipfel

Nach dem Untergang des Flüchtlingsschiffes erwägt EU-Ratspräsident Donald Tusk die Einberufung eines EU-Sondergipfels. Derzeit stehe er dazu mit verschiedenen Seiten in Gesprächen, erklärte Tusk am Sonntagabend via Twitter. Danach werde entschieden, ob es einen Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs zum Umgang mit Flüchtlingen geben werde.

Auf dem in der Nacht zum Sonntag vor der Küste Libyens gesunkenem Schiff sollen sich mehr als 700 Menschen befunden haben. Bislang konnten nur 28 von ihnen gerettet werden. Mittlerweile wird sogar von 900 Toten gesprochen.

Das Unglück löste europaweit Entsetzen aus und befeuerte die Debatte über den Umgang mit jenen Menschen, die aus von Krieg und Krisen zerrütteten Staaten über das Mittelmeer nach Europa fliehen wollen. Heute Montag wollen die EU-Aussenminister über Konsequenzen aus dem Untergang beraten.

Berlin: Kein Seenot-Rettungsprogramm

Kürzlich erst hatte der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere ein Seenot-Rettungsprogramm abgelehnt. So etwas würde Kriminellen

in die Hände spielen, betonte er.

Menschen zahlten bis zu 15'000 Dollar an kriminelle Schlepperorganisationen, um nach Europa zu kommen. «Würden wir jetzt jeden, der im Mittelmeer

ankommt, einfach aufnehmen nach Europa, dann wäre das das beste

Geschäft für die Schlepper, was man sich denken könnte», so de Maiziere.

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