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International EU will dem Europarat beitreten

Die Europäische Union in Brüssel und der Europarat in Strassburg hatten bis anhin keine einfache Beziehung. Sie waren eher Rivalen als Partner. Das könnte sich bald ändern: Die EU soll Mitglied des Europarates werden. Ein Meilenstein, erklärt SRF-Korrespondent Fredy Gsteiger.

Diplomatischer Korrespondent SRF: Fredy Gsteiger.
Legende: Diplomatischer Korrespondent SRF: Fredy Gsteiger. SRF

Eine Mitgliedschaft mit Konsequenzen: In erster Linie ist jene halbe Milliarde Menschen betroffen, die in einem EU-Land lebt. Was bringt dieser Beitritt den EU-Bürgern?

Fredy Gsteiger, diplomatischer Korrespondent SRF: Er bringt ihnen sehr viel. Letztlich geht es darum, dass die EU-Bürger mehr Rechte gegenüber der EU bekommen. Denn de facto unterwirft sich Brüssel mit dem Beitritt zum Europarat und zur Europäischen Menschenrechtskonvention dem Strassburger Gerichtshof für Menschenrechte. Das ist umso wichtiger, als dass es immer mehr Beschlüsse gibt, die von der EU ausgehen, also Verwaltungsbeschlüsse, auch Urteile.

Das bedeutet: Immer mehr Menschen sind von EU-Recht betroffen. Wenn Europäer bislang nicht einverstanden waren mit der innerstaatlichen Rechtsprechung, konnten sie in letzter Instanz an den Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg appellieren. Waren sie aber betroffen von EU-Urteilen und EU-Recht, konnten sie bis zum EU-Gerichtshof in Luxemburg gehen – danach war Schluss. Das wird jetzt anders.

Das tönt relativ abstrakt. Wie sieht das konkret aus?

Es gibt zahlreiche Beispiele. Deswegen wird diese Neuerung als Meilenstein bewertet. Hier ein Beispiel: Ein EU-Beamter wird ungerechtfertigt entlassen. Er kann neu nicht nur bis nach Luxemburg in letzter Instanz gehen. Er kann danach noch in Strassburg appellieren, wo eben der Aspekt der Menschenrechte im Vordergrund steht.

Das Anliegen gibt es seit Jahrzehnten, die Verhandlungen zogen sich lange hin. Weshalb war das so eine Zangengeburt?

Lange Jahre war die EU grundsätzlich nicht bereit anzuerkennen, dass in Sachen Menschenrechte, Demokratie, Rechtstaatlichkeit nicht sie selber, sondern der Europarat in Strassburg oberste Instanz sein soll.

Weiter ging es auch noch um ganz praktische Frage: Wenn die EU nun Mitglied ist im Europarat, heisst das nun, dass die EU-Länder dort en bloc abstimmen wollen und sollen? Das würde bedeuten, die anderen Mitgliedsländer im Europarat – zum Beispiel die Schweiz oder Russland – würden permanent überstimmt werden. Solche Fragen wurden nun mit dem Kompromiss gelöst. Dieser kam heute auf den Tisch. Damit sind dreijährige Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen.

Allerdings müssen nun noch alle 27 Mitgliedländer der EU diesen Kompromiss ratifizieren. Das heisst, es wird wahrscheinlich noch zwei Jahre dauern, bis diese EU-Mitgliedschaft in den Europarat tatsächlich konkret wird.

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