Beamte der EU-Agentur Frontex sollen die Aussengrenzen Europas kontrollieren, «selbst wenn ein Staat unfähig oder unwillig ist, die notwendigen Massnahmen zu ergreifen». Das schreibt die EU-Kommission in ihrem Vorschlag zum «Europäischen Grenz- und Küstenschutz». Frontex soll zu einer echten Küsten- und Grenzschutzbehörde ausgebaut und umbenannt werden.
Innerhalb einer neuen europäischen Behörde ist geplant, eine «stehende Reserve» von mindestens 1500 Grenzschutzbeamten zu schaffen, die innerhalb kürzester Zeit zur Unterstützung von Mitgliedsländern entsandt werden könnten. Der gemeinsame EU-Grenzschutz soll im kommenden Jahr über ein Budget von 238 Millionen Euro verfügen und dieses 2020 auf 322 Millionen Euro steigen.
Kritik an Griechenland
Die Eingriffsbefugnis sei ein «Sicherheitsnetz», wenn ein EU-Land seinen Verpflichtungen nicht nachkomme, sagte EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans in Strassburg vor dem EU-Parlament. Die Kommission hoffe, dass ein solches Eingreifen «niemals nötig sein wird», sagte er.
Im Zentrum der Kritik steht seit Monaten Griechenland. Über das Land reisten in diesem Jahr bereits hunderttausende Flüchtlinge in die EU ein. Lange Zeit konnten sie ungehindert über den Balkan weiter Richtung Norden reisen.
Wegen des geplanten Eingriffs in die Souveränitätsrechte der Mitgliedstaaten hatten die Kommissionspläne schon im Vorfeld Protest ausgelöst, darunter in Polen. Der Vorschlag kann nur dann Gesetzeskraft erhalten, wenn die EU-Staaten und das EU-Parlament zustimmen. EU-Diplomaten erwarten, dass die Idee dort noch verwässert wird.
Systematische Kontrollen
Künftig sollen zudem auch EU-Bürger bei der Einreise systematisch kontrolliert werden. Die EU-Kommission reagiert mit den Plänen nicht nur auf den anhaltenden Zustrom von Migranten, sondern auch auf jüngste Terror-Anschläge wie in Paris. Laut Schätzungen der Kommission haben sich bereits etwa 5000 Personen mit einem EU-Pass Extremisten-Gruppen wie dem Islamischen Staat (IS) angeschlossen.
Seit dem Beginn der Flüchtlingskrise haben immer mehr EU-Länder auch innerhalb des Schengen-Raums Grenzkontrollen eingeführt, obwohl diese Überprüfungen laut EU-Verträgen nur in Ausnahmefällen und für kurze Zeit gelten sollen. Viele Mitgliedsländer sehen sich indes mit der Registrierung und Unterbringung von Migranten überfordert oder lehnen deren Aufnahme ab. Von Januar bis November wurden mit 1,5 Millionen Grenzübertritten so viele illegale Einreisen in die EU registriert wie nie zuvor.