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International Euro-Poker an der Akropolis

Selbst in Griechenlands schwersten Zeiten trat Deutschland für dessen Verbleib in der Eurozone ein. Die Merkel-Regierung soll von dieser Haltung abgerückt sein, weil der Austritt Athens die Gemeinschaftswährung nicht mehr gefährden könne. Doch schon erheben griechische Linke neue Forderungen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) muss nämlich nach Ansicht des griechischen Oppositionschefs Alexis Tsipras künftig auch Staatsanleihen des schuldengeplagten Landes kaufen. Sein Linksbündnis Syriza hoffe, dass EZB-Chef Mario Draghi mit den Wertpapierkäufen weitere Milliarden in Umlauf bringe, um die lahmende Wirtschaft in der Euro-Zone anzuschieben, sagte Tsipras bei einer Parteiversammlung. Dann müssten auch griechische Anleihen aufgekauft werden.

Tsipras werden Umfragen zufolge gute Chancen zur Machtübernahme bei den am 25. Januar anstehenden Parlamentswahlen eingeräumt. Syriza hat den Griechen mehrfach versprochen, die Vereinbarungen mit den internationalen Kreditgebern neu auszuhandeln und den umstrittenen Sparkurs zu lockern. Ein weiterer Schuldenerlass sei möglich.

EZB tagt kurz vor der Wahl

Griechenland wird seit 2010 mit Rettungsprogrammen in Höhe von 240 Milliarden Euro von den EU-Staaten und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über Wasser gehalten. Damit soll auch ein Austritt Griechenlands aus dem Euro verhindert werden, weil dies zu Turbulenzen an den Finanzmärkten führen könnte, hiess es lange.

Die EZB bereitet bereits seit längerem weitere unkonventionelle Massnahmen vor, um gegen die Wirtschaftsflaute und die aus Sicht der Notenbank viel zu niedrige Inflation anzukämpfen. Dazu könnten auch Staatsanleihenkäufe gehören, wogegen es jedoch gerade in Deutschland Widerstand gibt. Wenige Tage vor den Wahlen in Griechenland entscheidet die EZB dann das nächste Mal über ihren geldpolitischen Kurs.

Merkels Fingerzeig an griechische Wähler

Drei Wochen vor dem Wahlgang der Griechen wächst denn auch international der Druck auf die in Umfragen führende Linkspartei Syriza.

Kanzlerin Angela Merkel hält jedenfalls, wenn man einem «Spiegel»-Bericht glauben darf, nicht mehr um jeden Preis am Verbleib des hoch verschuldeten Landes in der Eurozone fest. Ein Signal an die griechischen Wähler, meinen Beobachter. Merkel und ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble hielten ein Ausscheiden des Krisenlandes aus der Währungsgemeinschaft inzwischen für verkraftbar, berichtete das Hamburger Nachrichtenmagazin unter Berufung auf Regierungskreise.

Linke in Umfrage vorn

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Knapp einen Monat vor der vorgezogenen Parlamentswahl in Griechenland führt die reformkritische Syriza-Partei weiter die Umfragen an. Die linke Syriza liegt mit 3,1 Prozentpunkten vor den regierenden Konservativen von Ministerpräsident Antonis Samaras, wie aus einer am Sonntag veröffentlichten, repräsentativen Umfrage hervorgeht.

Warnung aus Berlin

Grund für diese Einschätzung seien Fortschritte, die die Eurozone seit dem Krisenhöhepunkt 2012 gemacht habe. Dazu zähle der Europäische Stabilitäts-Mechanismus (ESM), über den Staaten im Notfall mit bis zu 500 Milliarden Euro gerettet werden können. Auch sei die Ansteckungsgefahr für andere, ehemals gefährdete Länder wie Irland oder Portugal nicht mehr so gross. Berlin halte ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro für nahezu unausweichlich, wenn das Land nach der vorgezogenen Parlamentswahl seinen Sparkurs aufgebe.

Weder Kanzleramt noch deutsches Finanzministerium wollten den «Spiegel»-Bericht am Samstag kommentieren. Schäuble hatte zu Wochenbeginn die griechischen Wähler aber schon mal vorsorglich vor einer Abkehr vom Sparkurs gewarnt. «Wenn Griechenland einen anderen Weg einschlägt, wird es schwierig», erklärte er. «Neuwahlen ändern nichts an den mit der griechischen Regierung getroffenen Vereinbarungen. Jede neue Regierung muss die vertraglichen Vereinbarungen der Vorgänger einhalten.»

Papandreous Partei bremst Reformkritiker

Der Chef der linken Syriza, Tsipras, will jedenfalls Griechenlands Sparpolitik beenden und einen Schuldenerlass verlangen. Dies käme einer Aufkündigung der Vereinbarungen mit den Geberländern gleich und würde im Extremfall den griechischen Staat in den Ruin treiben.

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Innenpolitisch könnte Tsipras allerdings die am Samstag vollzogene Spaltung der traditionsreichen Regierungspartei Pasok wertvolle Stimmenanteile kosten. Der frühere Regierungschef und ehemalige Pasok-Vorsitzende, Giorgos Papandreou, gründete vor jubelnden Anhängern die Partei «Bewegung der Demokraten (und) Sozialisten». Die neue Papandreou-Partei könnte möglicherweise den Konservativen unter Regierungschef Antonis Samaras dazu verhelfen, bei der Wahl am 25. Januar stärkste Partei vor der aufmüpfigen Syriza zu bleiben.

«Sehr hohe Risiken»

Warnende Stimmen aus dem Lager der Wirtschaftswissenschaftler haben sich schon zu Wort gemeldet. Der Ökonom Peter Bofinger etwas, Mitglied im Rat der deutschen Wirtschaftsweisen, hat gegen ein Ausscheiden Athens aus dem Euroraum erhebliche Bedenken.

«Ein solcher Schritt wäre mit sehr hohen Risiken für die Stabilität des Euro-Raums verbunden», sagte er der «Welt am Sonntag». Damit würde womöglich «ein Geist aus der Flasche gelassen, der nur schwer beherrschbar wäre».

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