Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras aufgefordert, beim Sondergipfel der Euro-Zone am Dienstag mitzuteilen, was er zu tun gedenke, um die Finanzierung Griechenlands mittelfristig zu sichern.
Die Zeit sei knapp, betonten Merkel und der französische Präsident François Hollande nach einem Treffen. Tsipras müsse jetzt Vorschläge machen, sagte Hollande. Dabei sei «der Gleichklang von Solidarität und Verantwortung die Leitlinie für die kommenden Tage».
Merkel und Hollande wollten vor dem Treffen der 19 Euro-Länder eine gemeinsame Linie abstimmen. Merkel sagte in Paris, die Entscheidung des griechischen Volkes werde mit «Respekt» aufgenommen. Beim Sondergipfel am Dienstag sollten aber auch die «Vorstellungen aller anderen 18 Eurostaaten» daneben gestellt werden, «denn das ist auch Demokratie».
Tsipras zu Reformen bereit
Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte Merkel in einem Telefongespräch neue Vorschläge versprochen, wie ein Regierungssprecher in Berlin und Regierungskreise in Athen bestätigten.
In einer Fernsehansprache betonte er, sein Land sei zu Reformen bereit. Dringend nötig seien aber auch Investitionen sowie die Umstrukturierung der Schulden. Dies wurde bisher von den Geldgebern, der EZB, dem IWF und der EU-Kommission jedoch abgelehnt.
Vor den Staats- und Regierungschefs beraten die Finanzminister der Euro-Staaten am Dienstag über die neue Lage nach dem Nein zum Referendum.
Varoufakis tritt zurück
Bei dem geplanten Treffen der Euro-Finanzminister am Dienstagmittag wird nicht mehr Yanis Varoufakis das Krisenland vertreten. Dieser trat heute trotz Referendumserfolg zurück. Voraussichtlich wird sein Nachfolger, Euklid Tsakalotos, bislang Koordinator der Gespräche mit den Gläubigern, am Treffen teilnehmen. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem sagte, es bleibe sein Ziel, die Griechen im Euro zu halten. Das Referendum habe die Lage aber schwerer gemacht.
Für eine kleine Atempause sorgte die Europäische Zentralbank (EZB). Sie beliess die Notfall-Hilfen an griechische Banken vorerst aufrecht. Allerdings erhöhte sie den
Rahmen von 89 Milliarden Euro nicht. Ohne die Kredite droht den Banken, die bis Mittwoch weiter geschlossen bleiben, das Geld auszugehen, weil viele Firmen und Privatleute ihre Konten geräumt haben. Bei einer Staatspleite würden die Banken kippen – und damit die gesamte Wirtschaft.
Die Regierung in Athen will mit dem Wählervotum im Rücken den Verhandlungsfaden schnell wieder aufnehmen. Tsipras konnte neben den Koalitionsparteien auch die Chefs der Oppositionsparteien für eine gemeinsame Erklärung gewinnen. Darin bekundeten alle ihre Unterstützung für die Bemühungen, mit den Geldgebern einen Kompromiss zu finden. Seit Ende des zweiten Hilfsprogramms am 30. Juni finden keine Verhandlungen mehr statt.
IWF: «Wir stehen bereit»
Der Internationale Währungsfonds (IWF) gab sich generell gesprächsbereit. Der IWF beobachte die Lage in Griechenland aufmerksam, sagte seine Chefin Christine Lagarde. «Wir stehen bereit Griechenland zu helfen, falls wir darum gebeten werden.»
In der Volksbefragung vom Sonntag hatten über 60 Prozent der Griechen gegen die Reformvorschläge der Euro-Zone und des IWF gestimmt. Die EZB kündigte an, die Lage den Finanzmärkten genau zu beobachten. Der EZB-Rat sei entschlossen, alle Instrumente innerhalb seines Mandats einzusetzen.