Vor dem Sturz der alten ukrainischen Regierung am 22. Februar vergangenen Jahres habe es «keinen wirklichen Versuch» gegeben, die Vorfälle auf dem Kiewer Maidan mit etwa hundert Todesopfern aufzuklären, heisst es in einem Bericht vom Europarat. Auch die Ermittlungen unter der neuen Regierung seien lückenhaft und hätten bis heute «keinen wirklichen Fortschritt» gebracht, urteilten die Experten.
Mangel an Unabhängigkeit
Der Europarat kritisiert vor allem einen «Mangel an Unabhängigkeit» der Untersuchungen. Die Arbeit der Ermittler werde durch eine «nicht kooperative Haltung» des ukrainischen Innenministeriums und der Sicherheitskräfte erschwert.
Dies gelte vor allem für die Rolle der Sondereinheiten der inzwischen aufgelösten Bereitschaftspolizei Berkut bei der blutigen Niederschlagung der Demonstrationen.
Das Innenministerium behindere gar die Ermittlungen. Zudem seien «gewisse Offiziere» nach den Ereignissen auf dem Maidan-Platz auf hohe Posten im Innenministerium befördert worden.
Scharfschützen als mutmassliche Täter
Die dreimonatigen Proteste gegen Janukowitsch waren vom 18. bis zum 20. Februar 2014 eskaliert. Viele der Todesopfer wiesen Schusswunden auf, die auf Scharfschützen als Täter hindeuteten.
Der Bericht zeige, dass die Ermittlungen in vielen Punkten gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstiessen, erklärte der Generalsekretär des Europarates, Thorbjörn Jagland. Der Norweger forderte die Regierung in Kiew auf, die Untersuchungen auf der Grundlage der Empfehlungen des Experten-Komitees voranzutreiben und Reformen einzuleiten.