Die Wasserstrasse zwischen Atlantik und Pazifik ist für Panama ein Goldesel. Rund eine Milliarde Dollar spült der rund 80 Kilometer lange Kanal jährlich in die Staatskasse. Je nach Schiff und Landung kostet eine Durchfahrt durch das Nadelöhr zwischen 45'000 und 200'000 Dollar.
In diesem lukrativen Geschäft will künftig auch Nicaragua mitmischen. Nach der Absicht von Präsident Daniel Ortega soll das Konsortium HKND Group aus Hongkong den Zuschlag für das riesige Bauprojekt bekommen.
Konkurrenz zum Panama-KIanal
Nach Angaben eines Abgeordneten soll der Bau der 200 Kilometer langen Wasserstrasse 40 Milliarden Dollar kosten. Zu dem Projekt gehören laut Ortega auch eine Eisenbahnlinie, zwei Flughäfen sowie eine Ölpipeline.
Hinter diesem Bauvorhaben steckt die Hoffnung milliardenschwerer Einnahmen für das Armenhaus Zentralamerikas. Die Nationalversammlung hat am Donnerstag mit grosser Mehrheit die Erteilung der Konzession gebilligt. Vertreter der Regierungspartei gehen davon aus, dass der Bau zahlreiche Arbeitsplätze schaffe.
Zahlreiche Hürden
Ortega setzt zwar voll auf die neue Wasserstrasse, dennoch gibt es Widerstand. So sei beispielsweise die Route noch nicht klar definiert, sagt der Journalist Toni Keppeler gegenüber Radio SRF. Zudem kritisieren Umweltverbände den Eingriff in den Regenwald. Der Oppositionsführer im Parlament, Eduardo Montoalegre, kritisierte den Konzessionsentscheid als «verfassungswidrig, betrügerisch und schädlich für die Interessen des Landes, ohne vorherige Prüfung und nach nur gerade eintägiger Beratung».
Ausserdem ist die Finanzierung noch nicht gesichert. Ortega sprach letzte Woche beim Empfang neuer Botschafter aus Brasilien, Kanada, Saudi-Arabien und der Schweiz über das Projekt und lud diese Länder ein, in den Kanalbau zu investieren.
Auf geringe Begeisterung stösst Ortegas Prestige-Projekt bei der Opposition. Zwar ist die Verlockung gross ein Stück am Kuchen der jährlichen 14'000 Passagen im Panama-Kanal abzuschneiden. Die 100-jährige Lizenz für Bau und Betrieb für das chinesische Konsortium stösst aber auf Ablehnung. Ortega verkaufe das Land an China, kritisiert die Opposition.
Auch auf diplomatischer Ebene ist das Projekt noch nicht in trockenen Tüchern. Nicaragua und China unterhalten keine diplomatischen Beziehungen, weil Nicaragua Taiwan als Staat anerkannt hat, China die Insel aber als abtrünnige Provinz betrachtet. Wirtschaftliche Beziehungen pflegen Nicaragua und China aber sehr wohl.
Reaktion der Kanalbetreiber
Die Idee eines Atlantik-Pazifik-Kanals in Nicaragua ist bereits Jahrhunderte alt. Im Jahr 1914 wurde dann allerdings der Panama-Kanal eingeweiht, der bis 1999 unter der Kontrolle der USA stand. Geht es nach Daniel Ortega sollen im Mai 2014 die ersten Bagger auffahren.
Panama hat auf die drohende Konkurrenz längst reagiert. Die Kanalverwaltung ACP investiert rund 1,3 Milliarden Dollar in den Ausbau der Wasserstrasse. Bis 2014 soll die Ozeanverbindung für Schiffe von 366 Meter Länge und einem Tiefgang von 15 Metern befahrbar sein.