Paukenschlag im Machtkampf der politisch zerklüfteten Republikaner-Fraktion im US-Repräsentantenhaus: Der Favorit auf die Nachfolge von John Boehner als Präsident der Kongresskammer, Boehners Stellvertreter Kevin McCarthy, hat seine Kandidatur zu Beginn einer parteiinternen Vorwahl am Donnerstag völlig überraschend zurückgezogen.
Chaotische Zustände
«Ich glaube, wir brauchen ein frisches Gesicht», begründete McCarthy seine Entscheidung. Teilnehmer der Sitzung hinter verschlossenen Türen berichteten von beinahe chaotischen Zuständen. McCarthys Stellungnahme sei kaum zu verstehen gewesen, die Nachricht sei von einem Teilnehmer zum anderen per Zuruf weitergetragen worden.
Die Wahl eines neuen Kandidaten der Republikaner für das Amt des Präsidenten des Repräsentantenhauses wurde verschoben. Am 29. Oktober sollen die Abgeordneten über die Nachfolge Boehners abstimmen, der seinen Rücktritt angekündigt hatte.
Opfer eines Machtkampfes
Boehner galt dem rechten Flügel seiner Partei als zu wenig robust, gleiches wurde über McCarthy gesagt. McCarthy, der seit 2007 im Kongress sitzt und damit vergleichsweise unerfahren ist, fiel nach Meinung von Sitzungsteilnehmern einem Machtkampf innerhalb der Republikaner zum Opfer.
Der 50-jährige Kalifornier erklärte nach Angaben von Teilnehmern, er sei nicht mehr der richtige Mann für die Aufgabe. Offenbar rechnete er nicht mehr damit, die nötigen 218 Stimmen im Abgeordnetenhaus zu bekommen. «Ich wollte nicht in die Wahl gehen und mit nur 220 Stimmen gewinnen», sagte McCarthy.
Erzkonservative versagen Gefolgschaft
Am Mittwoch hatte eine Gruppe von rund 40 Republikaner-Abgeordneten vom rechten Parteispektrum erklärt, sie werde McCarthys Gegenkandidat Daniel Webster unterstützen.
Insgesamt sitzen 247 Mitglieder der republikanischen Mehrheitsfraktion im Abgeordnetenhaus. Das Rennen um die Nachfolge Boehners als neuer starker Mann der US-Republikaner ein Jahr vor der Präsidentenwahl im November 2016 ist damit wieder völlig offen.