Bei der zweiten Nachwahl eines Parlamentsabgeordneten dieses Jahres war der ungarische Regierungschef Viktor Orban höchstpersönlich in den Wahlkampf gestiegen. Er reiste von Budapest aus 150 Kilometer in Richtung Westen, in den Kreis Tapolca. Dort versprach er den Wählern Regierungsgelder, wenn sie den Mann seiner Fidesz-Partei wählen würden. Es half nichts.
Wenn nicht ein Wunder oder Wahlbetrug geschieht und die wenigen noch nicht ausgezählten Stimmen das Resultat verändern, dann hat die Fidesz schon wieder eine Nachwahl verloren – wie im Februar, als es sie sogar die Zweidrittelmehrheit im Parlament kostete. Was damals als Sensation galt, wird jetzt zum Muster.
Erfolgswelle abgeebbt
Letztes Jahr fuhr die Fidesz noch Kanterwahlsiege in Serie ein, jetzt schlingert die Partei. Mit Ideen wie der einer Internetsteuer, anhaltenden Korruptionsvorwürfen und neuestens einem grossen Finanzskandal mit Regierungsbeteiligung hat die nationalkonservative Partei das Vertrauen vieler Wähler verspielt.
Gewonnen hat in Tapolca der Kandidat der rechtsextremen Partei Jobbik. Auch national liegt sie laut Umfragen inzwischen fast gleichauf mit der Fidesz von Premierminister Orban. Die zerstrittenen liberalen und linken Oppositionsparteien liegen abgeschlagen weit zurück. Zwei Parteien teilen weite Teile der politischen Landschaft Ungarns derzeit unter sich auf – eine nationalkonservative und eine rechtsextreme. Und die Nachwahl vom Sonntag zeigt: Im Aufwind ist derzeit die Rechtsextreme Jobbik.