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Ein Flüchtlingsfamilie in der Türkei
Legende: Flüchtlinge warten auf den Transport in ein Lager, nachdem sie von der türkischen Küstenwache aufgegriffen worden sind. Keystone

International Flüchtlingsdeal der EU gerät unter Beschuss

Ausgerechnet jenes Institut, das auch die Bundesregierung in Flüchtlingsfragen berät, kritisiert nun heftig, dass diese sich beim Flüchtlingsdeal mit der Türkei mitschuldig mache. Man schaue weg, wenn die Türkei Flüchtlinge schlecht behandle.

Verschiedene Nichtregierungsorganisationen haben das Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei immer wieder kritisiert. Jetzt hat auch das deutsche Institut für Menschenrechte eine Studie zur Umsetzung des Abkommens verfasst. Es kommt ebenfalls zu einem vernichtenden Urteil. Dabei berät das Institut die deutsche Regierung selber in Flüchtlings- und Menschenrechtsfragen.

«Es scheint unmöglich, die Türkei als sicher zu betrachten»

Die EU will mit dem Abkommen mit der Türkei grundsätzlich alle Flüchtlinge, die von der Türkei nach Griechenland kommen, zurück in die Türkei schaffen. Brüssel, Paris, Berlin und die anderen Hauptstädte wollen unbedingt daran festhalten

Doch dies führt laut Hendrik Cremer vom deutschen Institut für Menschenrechte dazu, dass die EU die eigene Verantwortung nicht mehr wahrnimmt und «man offensichtlich die Augen verschliesst vor den Zuständen in der Türkei». Die Erfahrungen der letzten Wochen und Monate bestätigten, sagt Cremer, dass die Türkei Flüchtlinge oftmals «miserabel» behandle und die EU Flüchtlinge deshalb nicht zurückschicken dürfe.

Die Menschen müssten sich häufig selber Unterkünfte besorgen, so Cremer. Das sei ihnen kaum möglich, weil sie häufig in Arbeitsverhältnissen seien, in denen sie ausgebeutet würden. Das führe letztlich dazu, dass die Aufnahmebedingungen in der Türkei gravierende Mängel aufwiesen. «Es scheint unmöglich, die Türkei als sicheren Staat zu betrachten», sagt Cremer.

«Die Menschen werden eingesperrt»

Trotz massiver Kritik an den Zuständen in der Türkei, hält die EU aber am Abkommen fest. Sie will die Flüchtlinge unbedingt in die Türkei zurückschicken. Gemäss Cremer hat das zur Folge, «dass die Menschen auf den Inseln unter katastrophalen Bedingungen eingesperrt werden». Zudem werde weiter daran festgehalten, die Menschen abzuschieben, obwohl menschenrechtliche Garantien dies untersagen würden.

Dass die EU aktuell alles unternimmt, um das Abkommen umzusetzen, zeigt sich auch an den griechischen Berufungsinstanzen. Diese haben erste Entscheide gefällt und dabei grossmehrheitlich festgehalten, dass die Türkei nicht sicher ist, Flüchtlinge also nicht zurückgeschickt werden dürfen.

Doch dies passt der EU-Kommission überhaupt nicht. Sie hat in Griechenland interveniert und die Berufungsinstanzen aufgefordert, die Türkei als sicher zu beurteilen. Für das deutsche Institut für Menschenrechte ist dies der falsche Weg. Wenn Europa nicht die eigene Glaubwürdigkeit verspielen wolle, so Cremer, müsse es Menschen- und Flüchtlingsrechte wieder ernst nehmen.

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