Am Nachmittag ist Florence Cassez auf dem Flughafen Roissy-Charles-de-Gaulle in Frankreich wohlbehalten gelandet. Vorausgegangen war langwieriges, zähes Ringen zwischen Paris und Mexiko-Stadt.
Cassez war 2005 als mutmassliches Mitglied der Entführerbande «Los Zodiacos» festgenommen und zunächst zu 96 Jahren Haft verurteilt worden. Im Berufungsprozess erreichte sie lediglich eine Reduzierung der Strafe auf 60 Jahre. Zum Verhängnis wurden ihr neben einer Beziehung zu Bandenchef Israel Vallarta Zeugenaussagen von Entführungsopfern, die ihre Stimme erkannt haben wollen. Vallarta hat die Entführung von zehn Menschen und einen Mord gestanden.
Die 38jährige beteuerte stets ihre Unschuld, sämtliche Bemühungen um eine Freilassung blieben aber erfolglos. Selbst das Engagement vom damaligen französischen Präsident Nicolas Sarkozy zeigte keine Wirkung.
Zweifelhafte Anschuldigung
Laut der Anwältin wurde Cassez Opfer eines Komplotts. Polizisten sollen an den ihr zu Last gelegten Verbrechen beteiligt gewesen zu sein. Das Gericht stützte den Schuldspruch auf widersprüchliche Zeugenaussagen.
Im März 2012 stellte Mexikos Oberstes Gericht fest, dass das Recht auf einen fairen Prozess verletzt worden sein. Dennoch blieb Cassez in Haft – zwischen Paris und Mexiko herrschte daraufhin «diplomatische Eiszeit».
Nun 11 Monate später die Erleichterung. Das Gericht verfügte die Freilassung der Französin wegen zahlreicher Rechtsverstösse bei den Ermittlungen. Zur Schuld oder Unschuld von Florence Cassez äusserten sich die Richter nicht.
Entführungsopfer sowie einige ihrer Angehörigen kritisierten die Freilassung von Cassez scharf. «Es werden der Straflosigkeit die Tore geöffnet», erklärte die Vorsitzende der Gruppe Alto al Secuestro (Stopp den Entführungen).
Der französische Präsident François Hollande will Cassez am Freitagabend empfangen, wie der Elysée-Palast mitteilte.