Seit den landesweiten Demonstrationen des arabischen Frühlings in Ägypten vor genau fünf Jahren hat sich im Land vieles verändert. In freien Wahlen kamen erst die Muslimbrüder an die Macht. Seit 2013 herrscht aber eine autokratische Militärregierung unter Präsident Abdel-Fattah al-Sissi.
Mit harter Hand gehen die Behörden seither auch gegen ausländische Nichtregierungsorganisationen (NGO) und politische Stiftungen vor. Viele sind inzwischen abgezogen. Neustes Beispiel ist die deutsche Friedrich-Naumann-Stiftung , die der deutschen FDP nahe steht. Sie wird ihre Aktivitäten in Zukunft aus Jordanien koordinieren.
SRF News fragte Dr. René Klaff, den regionalen Büroleiter für den Nahen Osten in Kairo, nach dem Grund für diesen Schritt.
René Klaff: Die Friedrich-Naumann-Stiftung im Nahen Osten hat seit Dezember 2014 ein Massnahmenverbot. Wir dürfen hier in Ägypten keinerlei öffentlichen Veranstaltungen machen und können darum unsere Programme und Projekte nicht durchführen. Und wir sehen keinen Hinweis darauf, dass das in absehbarer Zeit ändern könnte.
Was hat denn die Friedrich-Naumann-Stiftung konkret veranstaltet oder finanziert, das als «Bedrohung der Sicherheit» in Ägypten angesehen wurde?
Das ist mir unklar. Dieses Massnahmenverbot ist uns auch mit Bezug auf unseren Rechtstatus auferlegt worden. Die ägyptischen Behörden haben unseren bestehenden Rechtstatus für ungültig erklärt und darauf verwiesen, dass wir einen neuen Status haben müssen, der zwischen Deutschland und Ägypten ausgehandelt werden muss. Dieser Prozess ist nun schon seit 14 Monaten im Gange.
Warum haben Sie sich nicht neu registrieren lassen, wie das die Börden vorgegeben haben?
Wir hätten uns nur als Nichtregierungsorganisation (NGO) unter einem bestimmten Gesetz registrieren lassen können. Wir sind aber als politische Stiftung keine NGO, dass kommt für uns nicht in Frage, weil die dabei vorgesehenen Kontrollrechte und Genehmigungsvorbehalte für NGOs gelten. Es ist die falsche Grundlage für uns.
2013 gingen die Behörden gegen die Konrad-Adenauer-Stiftung vor. Auch andere NGOs und Stiftungen sind seither abgezogen. Warum die Friedrich-Naumann-Stiftung nicht?
Wir haben hier bis Dezember 2014 relativ unbehelligt arbeiten können und das ist der Grund, warum wir auch geblieben sind. Ägypten ist natürlich ein sehr wichtiges Land in der arabischen, in der islamischen Welt. Die Dinge, die hier politisch geschehen oder nicht geschehen, haben eine Auswirkung in der gesamten arabischen Welt. Und wir haben ein breites Spektrum an liberalen Partnern, die unsere Arbeit sehr schätzen und die einen grossen Bedarf haben an unserer Bildungs- und Beratungsarbeit.
Sie sprechen die liberalen Partner an. Aber gehen Sie nicht ein gewisses Risiko ein, sich mit einem solchen System anzulegen?
Wir versuchen natürlich nicht, uns anzulegen mit den staatlichen Behörden. Wir sind Gast in unseren Projektländern und wir müssen die grundsätzlichen Rahmenbedingungen natürlich akzeptieren. Wir können nur arbeiten in Ländern, wo die Art unserer politischen Arbeit nachgefragt wird. Das heisst, wir benötigen Partnerorganisationen in Ländern, wo sie auch von den Behörden als positiv und zukunftsweisend anerkannt werden für die Transformationsprozesse, in denen die Länder stecken. Wenn das nicht der Fall ist, dann können wir unsere Arbeit nicht fortsetzen.
Morgen ist in Ägypten der fünfte Jahrestag des arabischen Frühlings. Nach dem Sturz von Hosni Mubarak waren unzählige ausländische Organisationen im Land tätig. Und nicht immer war klar, was die genau machen. Ist es nicht auch verständlich, dass die ägyptische Regierung die Kontrolle zurückhaben will oder zumindest wissen will, wer was tut im Land.
Das halte ich für selbstverständlich. Es geht hier aber tatsächlich darum, wie gross die Kontrollrechte und Genehmigungsvorbehalte sind, die die ägyptische Regierung uns auferlegen will. Im Endeffekt bedeuten diese, dass die ägyptische Regierung mit uns unser Programm und unsere Projekte vorschreiben würde und wir damit zu einer Durchführungsorganisation des ägyptischen Aussenministeriums würden. Und das ist für uns natürlich keine tragfähige Perspektive. Zwischen Kontrolle und Freiraum muss eine gesunde Balance hergestellt werden. Das ist uns leider in den letzten 14 Monaten nicht gelungen.