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International Geiseldrama in Kenia nimmt kein Ende

In Nairobi hat sich die kenianische Armee rund um das Einkaufszentrum Westgate stationiert. Darin halten Islamisten nach wie vor Geiseln in ihrer Gewalt. Laut Behörden ist die Zahl der Toten auf 59 gestiegen. Hunderte wurden verletzt. Darunter auch eine Schweizerin.

Angesichts der andauernden Geiselnahme in einem Einkaufszentrum in Nairobi hat die kenianische Armee ihre Truppen rund um das Gebäude verstärkt. Zahlreiche Soldaten mit Helmen und kugelsicheren Westen trafen vor Ort ein. Einige von ihnen trugen Panzerfäuste. Journalisten Vorort berichten von neuen Schiesserein.

Am Samstagmittag hatten mindestens 18 maskierte Männer die exklusive Westgate Shopping Mall in der kenianischen Hauptstadt gestürmt. Mit automatischen Waffen und Handgranaten hatten sie das Feuer auf in ihren Augen «Ungläubige» eröffnet. Dabei kamen mindestens 39 Menschen ums Leben, bis zu 300 Personen wurden verletzt.

Wie viele Geiseln die Angreifer weiter in ihrer Gewalt halten, ist unklar. Nach Angaben des kenianischen Innenministeriums befinden sich zehn bis 15 Geiselnehmer im Gebäude.

Al-Schabaab-Miliz

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Kenia macht die islamistische militante Bewegung Al-Schabaab («Die Jugend») für diverse Angriffe auf Kirchen und Polizisten im Land verantwortlich. Seit 2007 dominiert die Gruppe weite Teile Somalias. Die Islamisten kooperieren mit Al-Kaida. Sie wollen in Somalia einen islamischen Gottesstaat errichten.

Somalische Islamisten bekennen sich

Am Abend bekannte sich die Al-Schabaab-Miliz aus Somalia zu dem Angriff. Auf Twitter schrieben sie: «Lange Zeit haben wir Krieg gegen die Kenianer in unserem Land geführt. Jetzt ist es an der Zeit, das Schlachtfeld zu ändern und den Krieg in ihr Land zu bringen.»

Kenia ist seit geraumer Zeit Zielscheibe terroristischer Anschläge somalischer Islamisten. 2011 waren kenianische Truppen in das Nachbarland einmarschiert, um die Al-Schabaab-Milizen zu bekämpfen.

Psychologen, Blut und Lebensmittel

Kenias Behörden baten nach dem Überfall die Bevölkerung um Mithilfe. «Melde dich freiwillig und rette jemandem das Leben», hiess es in einem Aufruf beim Kurznachrichtendienst Twitter.

Das Rote Kreuz und andere Organisationen richteten Blutspende-Zentren ein. Die Polizei suchte zudem Psychologen und Sozialarbeiter, um die Überlebenden des Angriffs zu betreuen. Auch um Lebensmittelspenden wurde gebeten.

Schweizerin verletzt

Kenias Staatspräsident Uhuru Kenyatta kündigte in einer Fernsehansprache an, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Er selbst verlor nach eigenen Angaben bei dem Anschlag enge Angehörige. Unter den Toten sind zudem zwei Franzosen und zwei Kanadier, darunter ein Diplomat. Auch der ghanaische Poet und Schriftsteller Kofi Awoonor ist laut dem Präsidenten Ghanas ums Leben gekommen.

Bei dem Angriff ist eine Schweizerin verletzt worden. Dies teilte das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Sonntagvormittag mit. Die Schweizer Botschaft in Nairobi stehe mit den Angehörigen der Frau und mit den lokalen Behörden in Kontakt. Aus Datenschutzgründen gibt das EDA keine weiteren Details bekannt.

Angriff auf Wohlhabende

Das Westgate-Zentrum im Viertel Westland gibt es seit 2007. Die Mall beherbergt neben Geschäften zahlreiche Cafés und Restaurants, Banken und einen grossen Supermarkt sowie einen beliebten Kino-Komplex, der täglich tausende Besucher zählt. Mehrere Geschäfte sind in israelischer Hand. In der Vergangenheit hatte die Al-Schabaab damit gedroht, das bei Ausländern beliebte Westgate anzugreifen. Es ist am Wochenende stets gut besucht.

Das Center ist auch bei Mitarbeitern der Vereinten Nationen sehr beliebt – die UNO-Zentrale liegt ganz in der Nähe. UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon verfolge die Lage mit grosser Sorge, sagte sein Sprecher in New York. Er habe auch mit Präsident Uhuru Kenyatta telefoniert.

Reisewarnung für Nairobi

Die Kriminalität ist eines der Hauptprobleme in Nairobi. Viele Aussenministerien warnen ihre Bürger vor Reisen nach Kenia. Das EDA etwa schreibt auf seiner Internetseite: «Im ganzen Land besteht das Risiko von Terroranschlägen.» Besondere Vorsicht sei vor allem in der Umgebung von diplomatischen Vertretungen und Regierungsgebäuden und an von Ausländern besuchten Orten wie modernen Einkaufszentren – insbesondere in Nairobi und an der Küste geboten.

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