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Fahrzeug neben brennenden Häusern.
Legende: Gewaltexzesse in Tikrit nach der Vertreibung der IS-Terrormiliz. Hunderte Häuser stehen in Flammen. Reuters

International Gewaltorgien nach Sieg gegen IS

Im irakischen Tikrit ist es zu schweren Plünderungen und Brandstiftungen gekommen. Und das nur wenige Tage, nachdem die Terrormiliz aus der Stadt vertrieben wurde. Hunderte Häuser sollen in Flammen aufgegangen sein. Irakische Soldaten entdeckten ein Massengrab.

Nach der Rückeroberung der irakischen Stadt Tikrit aus der Gewalt der Extremistenmiliz Islamischer Staat IS ist es zu schweren Plünderungen und Brandstiftungen gekommen. Schiitische Milizen sollen Läden und Wohnhäuser ausgeraubt und angezündet haben.

Ausser Kontrolle und chaotisch

Die Lage sei in den vergangenen zwei Tagen ausser Kontrolle geraten und chaotisch, sagte der Chef der Stadt- und Provinzverwaltung, Ahmed al-Kraim. Er sei deswegen in die Hauptstadt Bagdad geflohen.

31 Gruppen unterstützen IS

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Die IS-Terrormiliz wird inzwischen von 31 Gruppierungen unterstützt. Laut dem auf die Überwachung islamistischer Organisationen spezialisierten US-Unternehmen IntelCenter haben 21 Gruppierungen dem IS Treue geschworen. Zehn weitere Gruppen hätten der Miliz ihre Unterstützung ausgesprochen, ohne aber ein Treuegelöbnis abzulegen.

Ein Parlamentsabgeordneter sprach von 400 Häusern und 500 Geschäften, die in Flammen aufgegangen oder geplündert worden seien. Ministerpräsident Haidar al-Abadi ordnete die Festnahme von Plünderern und anderen Gesetzesbrechern an.

Massengrab entdeckt

Die irakische Armee hatte am Mittwoch unterstützt von Schiiten-Milizen die sunnitischen Extremisten nach wochenlangen Kämpfen aus Tikrit vertrieben und damit ihren grössten Erfolg im Kampf gegen die IS-Truppen gefeiert.

Nach Regierungsangaben hatte die Armee zuvor in Tikrit ein Massengrab entdeckt. In dem kürzlich von der Armee eingenommenen Palastkomplex seien offenbar die Leichen zahlreicher Soldaten verscharrt worden, sagte Innenminister Mohammed al-Ghaban. «Dieser Ort erinnert uns an diejenigen, die ungerechterweise getötet wurden, er erinnert uns an das Massaker.»

Hunderte Rekruten hingerichtet

Die radikalsunnitischen Extremisten des IS hatten im Juni einen nahegelegenen Militärstützpunkt gestürmt und anschliessend hunderte Rekruten hingerichtet. Die meisten Opfer waren Schiiten.

Soldat kniet an einer Leiche, die von einer Fahne bedeckt ist.
Legende: Ein schiitischer Milizionär trauert um ermordete Rekruten in Tikrit. Reuters

In dem Palastkomplex am Ufer des Tigris seien dutzende Pässe gefunden worden, sagte ein Polizist. Die Dokumente gehörten demnach Opfern des Massakers sowie anderen Soldaten, die seit dem Vormarsch der Dschihadisten als vermisst galten.

Heimatstadt von Saddam Hussein

Die IS-Miliz hatte im vergangenem Sommer weite Gebiete im Irak und im benachbarten Syrien unter ihre Kontrolle gebracht und auch die strategisch wichtige Stadt Tikrit erobert. Nach einer gross angelegten Offensive verkündete die irakische Armee kürzlich die Rückeroberung Tikrits.

Tikrit ist die Heimatstadt des früheren Machthabers Saddam Hussein. Der Sunnit hatte mit Gleichgesinnten seiner Baath-Partei die Schiiten unterdrückt. IS-Kämpfer hatten das rund 160 Kilometer nördlich von Bagdad gelegene Tikrit gleich zu Beginn ihres rasanten Vormarsches im Juni vergangenes Jahres erobert.

UNO warnt

Die Zahl der ausländischen Kämpfer, die sich radikalen Gruppen wie der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat IS anschliessen, hat laut der UNO einen neuen Höchstwert erreicht. Mehr als 25'000 Kämpfer aus mehr als 100 Ländern beteiligen sich an bewaffneten Konflikten.

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Gemäss einem UNO-Expertenbericht strömen die ausländischen Kämpfer vor allem nach Syrien, in den Irak und zunehmend auch nach Libyen.

Starker Zulauf für IS

Die Zahl der ausländischen Kämpfer sei zwischen Mitte 2014 und März 2015 weltweit um 71 Prozent angestiegen, heisst es in dem Bericht. Unter den Herkunftsländern stehen Tunesien, Marokko, Frankreich und Russland weit oben.

Der UNO-Sicherheitsrat hatte im September eine Resolution verabschiedet, die alle Länder zu schärferen Gesetzen gegen die Ausreise von gewaltbereiten Extremisten in Krisengebiete verpflichtet.

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