Gutgelaunt sitzen Eleni und Marianthi in einem Strassencafé der Athener Altstadt. Die zwei Freundinnen sprechen akzentfrei Griechisch. Nur ihr Äusseres verrät, dass ihre Familien eingewandert sind.
«Meine Eltern kommen aus Nigeria», sagt die 23-jährige Marianthi. «Sie sind ein paar Jahre vor meiner Geburt eingewandert. Sie wollten die politischen Turbulenzen in Nigeria hinter sich lassen.» Auch die Eltern ihrer Freundin sind Nigerianer. «Mein Vater kam mit einem Studentenvisum nach Griechenland. Zwei Jahre später holte er auch meine Mutter», sagt die 22-jährige Eleni. Als sie mit ihrem Studium fertig waren, hatten sie kein Geld für die Rückreise und entschieden sich, während ein paar Jahren in Griechenland Geld zu verdienen.
Jährliche Erneuerung der Aufenthaltspapiere
Das war vor mehr als zwanzig Jahren. Mit der Geburt ihrer Kinder habe sich die Einstellung ihrer Eltern verändert, erklärt Eleni. Sie wollten, dass ihre Kinder in Griechenland aufwachsen. Um das zu schaffen, war ihnen kein Job zu schade: Elenis Vater arbeitete als Strassenhändler, ihre Mutter als Putzfrau in noblen Häusern.
Unser wichtigstes Ziel ist, die Kinder, die hier geboren und zur Schule gegangen sind, einzubürgern.
Auch wenn sie ihr ganzes Leben in Athen verbracht haben: Für den griechischen Staat bleiben Eleni und Marianthi Ausländerinnen. Sie müssen jährlich ihre Aufenthaltserlaubnis erneuern und jedes Mal 150 Euro bezahlen.
Neuer Status für Kinder von Migranten
Damit soll nun Schluss sein, findet die neue griechische Migrationsministerin Anastasia Christodoulopoulou. «Unser wichtigstes Ziel ist, die Kinder, die hier geboren und zur Schule gegangen sind, einzubürgern. Sie kennen keine andere Heimat und sind die Migranten, die am besten integriert sind. Sie müssen auch auf dem Papier mit den griechischen Kindern gleichgestellt werden.»
Dabei soll es egal sein, ob sich die Eltern von jungen Menschen wie Eleni und Marianthi legal im Land befinden, wie Christodoulopoulou erklärt. «Die Verlängerung der Papiere ist in Zeiten von so hoher Arbeitslosigkeit sowieso sehr schwierig geworden. Viele Einwanderer, die hier lange Zeit legal lebten, verlieren ihre Aufenthaltserlaubnis.» Deshalb sei es für die Kinder besser, wenn der Aufenthaltsstatus der Eltern bei der Einbürgerung nicht berücksichtigt werde.
Widerstand des rechten Koalitionspartners
Das passt dem kleineren Koalitionspartner der Regierung, den rechtspopulistischen «Unabhängigen Griechen», überhaupt nicht. Diese stellen sich jetzt schon offen gegen so ein fortschrittliches Einbürgerungsgesetz. Christodoulopoulou sieht es aber gelassen. Es blieben ja immer noch die Sozialisten, die Kommunistische Partei und die liberale Partei der politischen Mitte «Der Fluss». Mit ihren Stimmen könne man fest rechnen.
Die Einbürgerung von Kindern und jungen Erwachsenen aus Migrantenfamilien ist nur eines der Anliegen der neuen Migrationsministerin. Nach dem Selbstmord eines Migranten aus Pakistan in einem der berüchtigten Auffanglager für Flüchtlinge ausserhalb von Athen, hat Christodoulopoulou beschlossen, solche Auffanglager allmählich zu schliessen.
Menschenrechtsorganisationen hatten immer wieder die menschenunwürdigen Bedingungen kritisiert, die in diesen Auffanglagern herrschten. Die Migranten, die dort oft monatelang festgehalten wurden, sollen nun eine Unterkunft und eine befristete Arbeitserlaubnis bekommen.
Dubliner Abkommen neu verhandeln?
Das kommt nicht bei jedem gut an. Vor allem ältere Griechen machen sich Sorgen. So auch diese Frau: «Wenn Syriza jetzt alles lockert und die Migranten quasi einlädt, wird alles nur noch schlimmer. Wir können jetzt schon nicht mehr mit der Handtasche auf die Strasse. Illegale Migranten kommen doch nicht, um hier zu arbeiten, so wie die legalen Migranten. Sie kommen nur, um alles kaputt zu machen.»
Christodoulopoulou kennt solche Vorurteile. Schliesslich sei die griechische Gesellschaft mit enormen Flüchtlingsströmen aus Asien und Afrika konfrontiert. Deshalb sei es sinnvoll, die europäischen Verträge zur Migration zu überprüfen. Sie denkt dabei zum Beispiel an die Dublin-Verordnungen. Demnach werden Flüchtlinge in das Land zurückgeschickt, durch das sie in die Europäische Union gelangt sind. Und Griechenland und die anderen Länder an der EU-Aussengrenze werden mit der Flüchtlingsproblematik alleine gelassen.