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Aufnahme der Demonstranten, mehrere ältere Frauen und Männer stehen herum, sie halten brennende Kerzen.
Legende: «Pegida»-Demonstration in Dresden: Offensichtlich nicht nur Hooligans und Neonazis. Keystone

International Grosse Aufregung um «Pegida» in Deutschland

Medien und Politiker diskutieren erregt über «Pegida», die «Patrioten gegen die Islamisierung des Abendlandes». In Dresden demonstriert diese Gruppierung seit Oktober jeden Montagabend, inzwischen haben sich auch Ableger in anderen Städten gebildet.

Über 7000 Personen hat «Pegida» vergangenen Montag in Dresden auf die Strasse gebracht, einige Hundert kamen zur ersten Demonstration ihres Ablegers in Düsseldorf. Angekündigt wird der Aufmarsch seit etwa sechs Wochen jeden Montag vor allem über Facebook. Von Leuten, die zum Teil aus dem rechtsextremen Milieu stammen.

Brandstiftung vermutet

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In der Nacht auf Freitag haben in der Nähe von Nürnberg drei geplante Flüchtlingsunterkünfte gebrannt. An einem Gebäude entdeckte die Polizei ein Hakenkreuz. Es wird Brandstiftung vermutet. «Es ist unerträglich, wenn Asylbewerberheime geschändet werden», sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Rande des CSU-Parteitags in Nürnberg.

Respekt für deutsche Werte gefordert

Die Organisatoren der Demonstrationen verwahren sich allerdings gegen den Vorwurf, rechtsradikal oder fremdenfeindlich zu sein. Man habe nichts gegen den Islam oder gegen Fremde. Man wolle nur die eigenen Werte respektiert wissen, sagte etwa der Redner Sebastian Nobile in Düsseldorf.

Der Mann klingt einigermassen moderat, die Reaktion aus seinem Publikum schon weniger: «Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen», grölen die Hooligans unter den Demonstranten in Düsseldorf. Eine Rednerin freut sich über die Gegenwart der «sportlichen Jungs». Sie feuert sie noch an, mit dem ziemlich einsilbigen Hooligen-Argument «Au – Au – Au».

Schon die «Spartaner» hätten mit diesem Kampfruf die Moslems in der «Reconquista» geschlagen, behauptet die Dame. Nur – zur Zeit von Sparta im 6. Jahrhundert v.Chr. gab es keinen Islam, und die Reconquista (Rückeroberung der Iberischen Halbinsel ) erfolgte etwa über tausend Jahre später, aber nicht in Griechenland. Da wird einiges verwechselt – auch in Dresden.

Viel Widersprüchliches

In Dresden spricht der Hauptredner am Montag von der Islamisierung der Gesellschaft. Und das in einem Bundesland mit 0,4 Prozent muslimischer Bevölkerung. Sein wirkliches Thema ist aber ein anderes: Ihm geht es nicht primär um «Patriotismus gegen die Islamisierung». Für Flüchtlinge werde gesorgt, während Deutsche in Armut lebten, führt er aus.

Lutz Bachmann, der Initiant der ganzen «Pegida»-Bewegung, fordert die Rückbesinnung auf deutsche Werte, auf Recht und Ordnung. Dabei hat er selber bereits verschiedene Strafurteile hinter sich.

Unter den Demonstrierenden findet man Hooligans und Rechtsextreme, aber offensichtlich auch Menschen, die einfach verunsichert sind. Sie fürchten sich vor dem Islamismus, von dem man so viel hört. Sie sind verunsichert angesichts gewalttätiger Salafisten und der wachsenden Zahl von Flüchtlingen. Da kommt allerhand zusammen.

Die Politik schaltet sich ein

Jetzt wird in der Politik darüber diskutiert, wie man mit dem Phänomen «Pegida» umgehen soll. Grüne, Linke und die SPD verurteilen die Gruppe als klar fremdenfeindliche Organisation. Justizminister Heiko Mass (SPD) sagt: «Wenn sich in Deutschland Ausländerfeindlichkeit auf dem Rücken von Flüchtlingen breit macht, dürfen wir dazu nicht schweigen.» Was «Pegida» veranstalte, sei nichts anderes als «widerlich».

Bei der CDU sieht man das ähnlich und distanziert sich klar. Doch von dort heisst es auch, man könne Organisatoren und Mitläufer nicht in einen Topf werfen. «Selbstverständlich marschieren dort nicht nur rechtsextreme, ausländerfeindliche Personen», sagt auch Wolfgang Bosbach, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion.

Man müsse mit den verunsicherten Mitläufern reden, meint Bosbach. Denn in der Bevölkerung gebe es nachvollziehbare und verständliche Ängste und Sorgen. «Ich kann der Politik nur raten, diese Ängste und Sorgen ernst zu nehmen.» Das sagt auch CDU-Innenminister Thomas de Maizière. Damit handeln sich die beiden den Vorwurf von links ein, nicht konsequent genug gegen Fremdenfeindlichkeit aufzutreten.

Unterstützung von der AfD

Das gilt allerdings sehr viel mehr für die Alternative für Deutschland (AfD). Die populistischen Euro-Gegner, die in jüngster Zeit grosse Wahlerfolge verbucht haben, sympathisieren mit den Demonstrationen von «Pegida». Einer ihrer Sprecher, Alexander Gauland, geht sogar noch weiter, indem er klar sagt: «Ja, wir unterstützen diese Bewegung in Dresden.»

Teile der AfD unterstützen «Pegida» also offen. Ein Zeichen, dass sich am rechten Flügel in Deutschland einiges bewegt. Unabhängig davon, wie lange sich das Phänomen «Pegida» halten kann.

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