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Ein Bewaffneter der M23.
Legende: Die Rebellenorganisation M-23 befindet sich im Osten Kongos auf dem Vormarsch. keystone

International Haager Strafgericht fordert Festnahme von Rebellenchefs in Kongo

Angesicht des Vormarsch der Rebellen im Osten Kongos hat der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag die Festnahme zweier ranghoher Aufständischer verlangt. Mit der jüngsten Offensive der Rebellen droht in Kongo eine Wiederholung früherer Konflikte.

Laut Chefanklägerin Fatou Bensouda werden neue Berichte über «Drohungen gegen Zivilpersonen und mutmassliche Verbrechen von Mitgliedern und Anführern der M-23 und anderen Parteien, die sich das Chaos in der Region zunutze machen» untersucht. Bei den Gesuchten handelt es sich um Bosco Ntaganda und Sylvestre Mudacumura. Sie seien über Jahre hinweg für Gewalttaten und Verbrechen im Osten des Kongo verantwortlich.

Gegen beide Männer waren bereits im Juli ICC-Haftbefehle ergangen. Ntaganda ist demnach einer der Führer der Rebellengruppe M-23, die am vergangenen Dienstag die Provinzhauptstadt Goma eingenommen hatte.

Kampf um Ressourcen und Wohlstand

Mit dem Vormarsch der M23 droht sich die Geschichte in Ostkongo zu wiederholen: Erneut marschieren mutmasslich von Ruanda unterstützte Rebellen, Zivilisten fliehen. Ähnliche Situationen haben der Kongo und sein östliches Nachbarland Ruanda schon 1996, 1998, 2004 und 2008 erlebt.

Die blutigen Kämpfe in den 1990er Jahren hatten ihre Wurzeln in Ruandas ethnisch motiviertem Völkermord. Dieses Mal geht es um Wohlstand. Im rohstoffreichen Kongo sind Diamanten, Gold, Kupfer, Kobalt und Wolfram zu finden.

UNO hält sich heraus

In der Provinzhauptstadt Goma, die am Dienstag von den Aufständischen übernommen wurde, werden die Mineralien und andere Bodenschätze etwa für Smartphones und Laptops verarbeitet. Die UNO hat ihre Blauhelme bislang aus dem Konflikt herausgehalten.

Ruanda dementiert zwar, die M-23-Rebellen im Kongo zu unterstützen. UNO-Experten kommen jedoch zum Schluss, dass Ruanda und auch Uganda den Rebellen mit Waffen und Geld helfen.

Viele der M23-Kommandanten seien früher in der Rebellengruppe CNDP aktiv gewesen, die 2007 und 2008 Rückhalt aus dem Nachbarland erhielt. «Ich erlebe gerade ein Déjà-vu», sagt Carina Tertsakian von der Menschenrechtsgruppe Human Rights Watch.

Deutliche Parallelen zur Vergangenheit

Bei jedem der Konflikte «haben die Streitkräfte Ruandas aktiv und massgeblich die kongolesischen Rebellengruppen unterstützt, die extrem gewalttätig vorgegangen sind und sehr schwere Verbrechen gegen Zivilisten begangen haben», sagt Tertsakian. Das grenzübergreifende Bündnis wolle die Kontrolle übernehmen, um die Bodenschätze unter sich zu verteilen.

Ein weiterer Grund für die ungewöhnliche Koalition könnte im Platzmangel Ruandas liegen. Die zehn Millionen Einwohner leben wesentlich enger gedrängt als die 60 Millionen Kongolesen. Viele Beobachter werfen dem Westen vor, die Augen vor der Rolle Ruandas zu verschliessen, um von 1994 abzulenken, als nichts unternommen wurde, um den Völkermord zu verhindern.

Amnesty International dokumentierte schon im Sommer

Menschenrechtsverletzungen und Fälle, in denen die M23 Waffen und Rekruten aus Ruanda einsetzte. Eine Analyse von UNO-Experten, die am Freitag veröffentlicht werden soll, hat schon dazu geführt, dass die USA ihre Militärhilfe für Ruanda ausgesetzt hat. Mehrere europäische Länder stoppten alsbald ihre humanitäre Hilfe.

Die Nichtregierungsorganisation International Crisis Group (ICG) rief am Dienstag UNO, USA, EU, Grossbritannien und Frankreich dazu auf, die Führung der M-23 und deren Unterstützer mit Sanktionen zu belegen. «Die vergangene Woche hat gezeigt, dass die Geschichte sich im Ostkongo wiederholt, mit denselben tragischen Folgen für Zivilisten in der Region», hiess es in der Stellungnahme der ICG.

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